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■ GREEN PORT
 16 | Port of Hamburg Magazine | Juni 2018
bei der tatsächlichen Bilanz immer noch im Dunkeln. Was man bei den Luftschadstoffen gewinnt, verliert man un- ter Umständen beim Klima. Fakt ist: es gibt keinen guten Transport, nur weniger schlechten.
Ralf Nagel: Mittelfristig halten wir LNG für eine sinnvol- le Alternative, vor allem um Luftschadstoffe in den Hä- fen und küstennahen Gebieten deutlich zu reduzieren. Die Technologie dafür ist lange erprobt und das interna- tionale Regelwerk ist auf dem aktuellen Stand. Etliche Schiffe fahren schon mit LNG und viele internationale Häfen, insbesondere im asiatischen Raum, richten der- zeit Infrastrukturen für eine LNG-Bebunkerung ein. Wasserstoff ist noch nicht über Pilotprojekte her- ausgekommen. Da brauchen wir die beschriebene Technologie-Offensive. Bis dahin kann LNG eine gute Übergangslösung sein. Außerdem: aus erneuerbaren Energien lässt sich auch CO2-neutrales LNG herstellen – die Infrastruktur an Land und die Schiffe können also auch damit die ambitionierten IMO-Ziele erfüllen.
Die Lebensdauer der großen Containerfrachter und Kreuzfahrtschiffe liegt bei mehreren Jahrzehnten. Ein natürlicher Austausch der Flotten wird für die maritime Energiewende nicht ausreichen – Retrofit- Lösungen, mit denen umweltfreundlichere Antrie- be nachgerüstet werden, sind gefragt. Die Um- stellung auf schwefelärmeren Dieselkraftstoff in Kombination mit Rußpartikelfiltern und SCR-Kata- lysatoren würde die Treibhausgas- und Luftschad- stoff-Emissionen um bis zu 99 Prozent reduzieren. Lässt sich eine kontinuierliche Umrüstung der Welthandelsflotte bereits beobachten?
Malte Siegert: Es sind wenige Reedereien, die aktuell tatsächlich mehr machen,
Hafenstädten. Hier sind die Schwefelemissionen durch die Einführung des strengen 0,1 %-Grenzwertes in Nord- und Ostsee schon massiv zurückgegangen. Scharfe Vorschriften für Schiffsneubauten sorgen zu- dem für eine spürbare Senkung von Stickoxiden. Grundsätzlich sind Nachrüstungen von Antriebstechnolo- gie oder teuren Filtersystemen ein besonderes Problem in der Schifffahrt. Die notwendigen Investitionen über- steigen mitunter den eigentlichen Schiffswert, etwa bei einerUmrüstungeinesherkömmlichenSchiffsantriebes auf einen LNG-Antrieb. Dies kann eine Reederei in den heutigen Märkten nicht alleine stemmen. Hier sind auch die Staaten gefragt, Anreize und Hilfen anzubieten. Oft
 Malte Siegert
Leiter Umweltpolitik beim NABU Landesverband Hamburg
als gesetzlich vorgeschrie-
ben, denn Corporate Soci-
al Responsibility spielt bei
vielen Unternehmen aus
unterschiedlichen Gründen
durchaus eine Rolle. Deswe-
gen muss den Reedereien
mit Anreizprogrammen ge-
holfen werden, die wirklich
wollen. Norwegen macht
es mit dem NOx-Fonds vor
und ich frage mich, worauf
wir hier warten. Und die, die
sich nicht bewegen, müssen
über das Hafengeld spüren,
dass es sich lohnt zu investieren. Auch hier läge eine Chan- ce für ein Level-Playing-Field der europäischen Seehäfen jenseits der IMO. Und der Kunde muss, wie gesagt, auch seinen Teil beitragen.
Ralf Nagel: Treibhausgase lassen sich nur über nicht- fossile Brennstoffe vermeiden. Luftschadstoffe hinge- gen sind eher ein lokales Problem in dicht besiedelten
„Deswegen muss den Reedereien mit Anreiz- programmen geholfen werden. Norwegen macht es mit dem NOx-Fonds vor und ich frage mich, worauf wir hier warten.“
bremsen auch sehr lang- same Genehmigungsver- fahren in den Häfen den Einsatz neuer Treibstoffe. So gibt es in den deut- schen Häfen unter ande- rem wegen fehlender Ge- nehmigungen noch keine Bunker-Bargen für LNG. Auf den neuen Schwe- felgrenzwert in 2020 stellt sich die Schifffahrt natürlich ein. Auch un- sere CO2-Emissionen werden wir – wie schon in den vergangenen Jah-
ren – weiter reduzieren. Dabei hoffen wir auch auf Un- terstützung seitens der Häfen, insbesondere um War- tezeiten vor der Einfahrt massiv zu reduzieren. Ebenso sind die Staaten gefordert, Unterstützungen bei der Forschung und Entwicklung, aber auch beim Einsatz neuer Technologien und Treibstoffe zu gewähren. Nur gemeinsam werden wir diese große Aufgabe meistern können. ■
© Malte Siegert





































































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