Page 24 - Port Of Hamburg Magazine 02.2019
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 ■ HAMBURG UND CHINA
SEE: 20.053 km Länge | Zeit 32 Tage Kosten: 2.410 USD/FEU
© IfW Kiel/Michael Stefan
24 | Port of Hamburg Magazine | Juni 2019
Chinas Neue Seidenstraße – Chance für den Handel, Bewährungsprobe für die Politik
Professor Gabriel Felbermayr, Ph.D, seit März 2019 Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, beleuchtet in seinem Gastkommentar Chancen und Risiken der Neuen Seidenstraße. Der international renommierte Handelsexperte konzentriert sich in seiner Forschungs- und Beratungstätigkeit auf Fragen der ökonomischen Global Governance, der europäischen Wirtschaftsintegration und der deutschen Wirtschaftspolitik.
Die ökonomische Forschung weist mehr und mehr nach, dass mangelnde Infrastruktur für die Bremsung des Welthandels deutlich wichtiger ist, als die verblei- benden – und sogar die neuen – Zollbarrieren.
China hat die Zeichen der Zeit erkannt und investiert gewaltige Summen in Asien, Europa und Afrika. Durch die „Belt and Road Initiative“ (BRI) sollen 1000 Milliar- den Dollar in Infrastrukturprojekte investiert werden. Das Projekt „Neue Seidenstraße“ hat keine geringere Ambition als die Schaffung eines eurasischen Wirt- schaftsraumes, der vom Gelben Meer an der Ostküste Chinas bis an den Atlantik reicht. Er umfasst 92 Länder mit etwa 4,6 Milliarden Menschen und einer Wirt- schaftsleistung von 50 Billionen Dollar im Jahr, fast 60 Prozent des Weltsozialproduktes. Dazu kommt der afrikanische Kontinent, der in
den BRI-Planungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.
Die Transportkosten (inklusive Versicherungskosten) machen im Durchschnitt derzeit etwa acht Prozent des Warenwertes im EU-China-Handel aus. Gelingt eine Halbierung und legt man gängige Handelselastizitäten zugrunde, so könnte der langfristige Zuwachs im Gü- terhandel bei zirka 25 bis 30 Prozent liegen. Wir spre- chen hier von zusätzlichem Handel im Ausmaß von 200 Milliarden Euro und mehr, und zwar in jedem zu- künftigen Jahr. Die „Belt and Road Initiative“ hat dafür das Potential. Sie könnte den eurasischen Handel transformieren.
Noch wird er fast zur Gänze auf dem Seeweg und in kleinerem Maß per Flugzeug abgewickelt. Mit Zügen
werden dem Wert nach noch nicht einmal drei Prozent des Warenhandels zwischen der EU und China trans- portiert. Aber der Landweg wird wichtiger. Allein von 2014 bis 2017 hat sich der auf der Schiene ab- gewickelte China-Handel der EU wertmä-
ßig verfünffacht, während der Ge- samtgüterhandel um knapp 20 Prozent zugelegt hat. Ver-
glichen mit Seetrans-
port dauert ein
Schienen- transport von der chinesischen Ostküs- tenstadt Shanghai bis nach Hamburg halb so lang, ist ökolo- gisch vorteilhafter und kommt viel billi-
ger als Flugfracht.
Die genauen Transportzeiten und -kosten hängen
von den jeweiligen Start- und Zielorten innerhalb Chinas und Europas sowie von den transportierten Gütern ab. Zudem unterliegen sie teils erheblichen zeitlichen (saiso- nalen, konjunkturellen) Schwankungen. Der Vergleich (siehe Grafik) für den Transport eines 40-Fuß-Containers (1 FEU = 2 TEU) von Shanghai nach Hamburg im Juni/Ju- li 2017 kann insofern le-
diglich eine grobe Ori- entierung geben.
Eine Stärkung des Gü- tertransportes auf der Schiene ist politisch gewollt. Kräftige Sub- ventionen durch ver- schiedene zentralchi- nesische Regionalre- gierungen, die Ab- schaffung der Zoll- grenzen zwischen Ka- sachstan, Russland und Weißrussland, die Einführung des
Gabriel Felbermayr
Präsident des Instituts für Weltwirt- schaft Kiel












































































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