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■ LOGISTIKWELT
Um die geplanten und prognostizierten Transportmen- gen bewältigen zu können, müssten zudem die Tras- senkapazitäten ausgebaut werden. Derzeit bahnen sich die Züge entlang von zwei Hauptrouten ihren Weg: Die Schiene verbindet Europa und China zum ei- nen über die nördliche Route via Mongolei, Russland und Belarus, zum anderen über die Südroute via Ka- sachstan. Letztere verzweigt sich in mehrere Linien und kann entweder durch Russland oder Zentralasien verlaufen. Eine weitere Trasse, die über die Türkei, den Iran, Pakistan und Indien führen soll, ist in der Planung. China-Experte Lars Anke ist allerdings skeptisch, ob es tatsächlich auf neue Schienenverbindungen hinaus- läuft. Er glaubt eher daran, dass bestehende Trassen zweigleisig ausgebaut werden. Die Umsetzung wäre deutlich schneller und unkomplizierter.
Die Container rollen durch
mindestens fünf Länder, wo man
von stabilen Volkswirtschaften und
harmonisierten Prozessen häu g
noch weit entfernt ist.
Wie stark die Wachstumspotenziale im Zugsystem zwischen Fernost und Europa sind, zeigt auch das Bei- spiel von DHL Global Forwarding. Die Deutsche Post- Tochter ist seit 2011 im eurasischen Bahngeschäft ak- tiv. „Das Frachtvolumen auf der Schiene zwischen Deutschland und Asien hat sich innerhalb eines Jahres verzehnfacht. Um der steigenden Nachfrage weiter ge- recht zu werden, mussten auch wir weiter wachsen, Prozesse optimieren und Kompetenzen bündeln. Des- halb haben wir uns für den Aufbau eines zentralen Chi-
na Rail Competence Centers entschieden“, sagte Volker Oesau, CEO DHL Global Forwarding Deutsch- land und Mitteleuropa im Mai 2017.
Insgesamt bietet DHL Global Forwarding 15 Zugver- bindungen und damit siebenmal pro Woche einen Haus-zu-Haus-Schienenverkehr zwischen Deutsch- land und Fernost. Die Züge folgen dem transkasachi- schen Westkorridor und dem transsibirischen Nordkor- ridor, mit einem dichten Netz von Rail-Hubs in allen wichtigen Wirtschaftszentren in China, Taiwan, Japan und Korea.
Es zeigt sich also, dass mit der Bahn eine transport- ökonomische Alternative zwischen Ost und West heran- wächst. Anfängliche Startschwierigkeiten sind bei einem derartigen Mammutprojekt unvermeidbar. Eine Zugfahrt nach China ist von ihrer Komplexität nicht mit einer inner- europäischen Beförderung zu vergleichen, wo der Zug- verkehr weitgehend liberalisiert ist. Die Container rollen durch mindestens fünf Länder, wo man von stabilen Volkswirtschaften und harmonisierten Prozessen häufig noch weit entfernt ist. Aber Lars Anke macht auch klar: „Für die Kürze der Zeit läuft es erstaunlich gut. Rom wur- de nicht an einem Tag erbaut.“ Die Zuverlässigkeit hat sich seit den Anfangsjahren enorm verbessert, und das ist für die Verladerschaft häufig noch wichtiger als die Transitzeiten. Der Hafen Hamburg-Repräsentant ist über- zeugt, dass die schienengebundene Seidenstraße noch viel Potenzial für Kooperationen zwischen chinesischen und europäischen Firmen bietet. „Den chinesischen Operateuren fehlt meist die Erfahrung im europäischen Netz, anders herum ist das chinesische Netz Neuland für europäische Anbieter. Wenn sich zwei passende Partner finden und neue, sinnvolle Bahnprodukte entwickeln, dann kann man einiges bewegen. Die chinesische Seite steht dem auf jeden Fall sehr offen gegenüber.“ Und wie sagte schon Konfuzius: Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. ■
 LOGISTIKZENTRUM FÜR DEN CHINAHANDEL
In Itzehoe, nördlich von Hamburg, hat
Anfang 2016 das sogenannte CLC
China Logistic Center den Betrieb auf-
genommen. Seither hat sich das Areal
zu einer stetig wachsenden Logistik-
drehscheibe entwickelt. Hinter dem
Projekt steht eine deutsch-chinesische Investorengruppe mit der Logistik-er-
fahrenen Familie Tietje und der chine-
sischen Weijing Logistics Group. Das
CLC umfasst 70.000 qm Lager- und
8.000 qm Bürofläche. Zudem stehen
zusätzlich Flächen auf dem Gelände
der ehemaligen Gruner & Jahr-Druckerei zur Entwick- lung weiterer Logistikkapazitäten bereit. China spielt im Portfolio der Kunden und Waren eine wichtige Rol- le. In Itzehoe werden B2B- und B2C-Waren eingela- gert, kommissioniert und konfektioniert, die über den Hamburger Hafen im Seecontainer umgeschlagen werden. Vereinzelt kommen die Güter auch schon im
Bahncontainer aus China. „Wir sind immer offen für neue Entwicklungen“, erklärt Gustav Tiedje, einer der drei CLC-Geschäftsführer. „Deshalb denken wir mit unseren chinesischen Partner auch darüber nach, ein eigenes Zug-Produkt zu entwickeln – eventuell über Kaliningrad.“
 www.china-logistic-center.de
  32 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2017
© Tietje Group






































































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