Kommission genehmigt von sieben Mitgliedstaaten geplante öffentliche Förderung von bis zu 6,9 Mrd. EUR für das dritte wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette

19.02.2024 09:55 Umwelt

Die Europäische Kommission hat staatliche Beihilfen von bis zu 6,9 Milliarden Euro aus sieben Mitgliedstaaten für das dritte Großprojekt von gemeinsamem europäischem Interesse in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette genehmigt. Dazu gehören der Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH), den die Hamburger Energiewerke GmbH zusammen mit Luxcara am Standort Moorburg im Hamburger Hafen zum Bau eines Elektrolyseurs realisiert - sowie das von der Gasnetz Hamburg GmbH geplante Hamburg Hydrogen Industrial Network (HH-WIN) zum Aufbau der ersten 40 Kilometer eines Wasserstoffnetzes!

Die Europäische Kommission hat ein drittes wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“: Important Project of Common European Interest) zur Förderung von Wasserstoffinfrastruktur nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Das IPCEI soll die Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff verbessern und so die Abhängigkeit von Erdgas verringern und einen Beitrag zu den Zielen des europäischen Grünen Deals und des REPowerEU-Plans leisten.

Das Vorhaben „IPCEI Hy2Infra“ wurde von sieben Mitgliedstaaten – Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Portugal und Slowakei – gemeinsam vorbereitet und zur Genehmigung angemeldet.

Diese Mitgliedstaaten werden bis zu 6,9 Mrd. EUR an öffentlichen Mitteln bereitstellen, wodurch zusätzliche private Investitionen im Umfang von 5,4 Mrd. EUR mobilisiert werden dürften. Im Rahmen dieses IPCEI werden 32 in einem oder mehreren Mitgliedstaaten tätige Unternehmen, darunter auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), an 33 Vorhaben teilnehmen.

Das IPCEI Hy2Infra wird einen großen Teil der Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken. Die Förderung wird für folgende Bereiche gewährt:

  • Installation von Großelektrolyseuren mit einer Kapazität von 3,2 GW zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff
  • Errichtung neuer und umgenutzter Fern- und Verteilerleitungen für Wasserstoff mit einer Länge von etwa 2 700 km
  • Entwicklung großer Wasserstoffspeicheranlagen mit einer Kapazität von mindestens 370 GWh
  • Bau von Umschlagterminals und der damit verbundenen Hafeninfrastruktur für flüssige organische Wasserstoffträger („LOHC“: liquid organic hydrogen carriers) für den Umschlag von 6 000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr

Zudem wird im Rahmen dieses IPCEI der schrittweise Aufbau einer EU-weiten Wasserstoffinfrastruktur unterstützt, der von verschiedenen regionalen Clustern ausgehen wird.

Mehrere Vorhaben sollen in naher Zukunft durchgeführt werden, sodass voraussichtlich in den Jahren 2026 bis 2028 einige Großelektrolyseure und in den Jahren 2027 bis 2029 Fernleitungen in Betrieb genommen werden können. Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme hängt von dem jeweiligen geografischen Gebiet ab. Die Vorhaben sollen 2029 vollständig abgeschlossen werden, wobei sich die konkrete zeitliche Planung jeweils nach Vorhaben und Unternehmen unterscheidet.

Das IPCEI Hy2Infra ergänzt das erste und das zweite IPCEI zur Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Am 15. Juli 2022 genehmigte die Kommission das IPCEI „Hy2Tech“, dessen Schwerpunkt auf der Entwicklung von Wasserstofftechnologien für Endnutzer liegt. Das IPCEI „Hy2Use“, das insbesondere Wasserstoffanwendungen in der Industrie betrifft, wurde am 21. September 2022 genehmigt. Hy2Infra ist auf Infrastrukturinvestitionen ausgerichtet, die nicht unter die ersten beiden IPCEI fallen.

Beihilferechtliche Prüfung der Kommission

Die Kommission hat das geplante Vorhaben nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft, insbesondere nach ihrer Mitteilung über wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse.

Wenn es wegen der signifikanten Risiken solcher Vorhaben an privaten Initiativen zur Förderung bahnbrechender Innovationen und zur Errichtung für die EU wichtiger großer Infrastrukturen fehlt, können die Mitgliedstaaten nach den IPCEI-Vorschriften die Finanzierungslücke gemeinsam schließen, um diesem Marktversagen zu begegnen. Gleichzeitig stellen diese Vorschriften sicher, dass die EU-Wirtschaft insgesamt von den Investitionen profitiert und dass mögliche Wettbewerbsverzerrungen begrenzt werden.

Die Kommission ist insbesondere aus folgenden Gründen zu dem Ergebnis gekommen, dass das IPCEI Hy2Infra alle in der Mitteilung festgelegten Voraussetzungen erfüllt:

  • Das Vorhaben trägt zu einem gemeinsamen Ziel bei, da es der Förderung des Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur dient, der erforderlich ist, um die Ziele wichtiger politischer EU-Initiativen wie des europäischen Grünen Deals, des REPowerEU-Plans und der EU-Wasserstoffstrategie erreichen zu können.
  • Alle 33 Vorhaben des IPCEI sind sehr ehrgeizig, da sie darauf abzielen, Infrastruktur zu entwickeln, die über das derzeitige Angebot des Marktes hinausgeht. Sie werden die ersten Bausteine für ein integriertes, offenes und diskriminierungsfrei zugängliches Wasserstoffnetz bilden und den Ausbau der Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff in Europa ermöglichen. Dies wird die Dekarbonisierung der Wirtschaftszweige ermöglichen, die von Wasserstoff abhängig sind, um ihre CO2-Emissionen zu verringern.
  • Da das IPCEI auch erhebliche finanzielle Risiken birgt, ist eine öffentliche Förderung erforderlich, um Investitionsanreize für Unternehmen zu schaffen.
  • Beihilfen für einzelne Unternehmen sind auf das erforderliche und angemessene Maß beschränkt und bewirken daher keine übermäßige Verfälschung des Wettbewerbs. Die Kommission hat sich insbesondere vergewissert, dass die geplanten Beihilfehöchstbeträge mit den beihilfefähigen Kosten der Vorhaben und den Finanzierungslücken im Einklang stehen. Außerdem gibt es einen Rückforderungsmechanismus, sodass die Unternehmen einen Teil der erhaltenen Beihilfen an die betreffenden Mitgliedstaaten zurückzahlen werden, wenn Vorhaben im Rahmen des IPCEI besonders erfolgreich sind und zusätzliche Nettoerträge abwerfen.
  • Die während des Baus und der ersten Jahre der Durchführung der Vorhaben erworbenen technischen Kenntnisse und Erfahrungen werden von den beteiligten Unternehmen durch Veröffentlichungen, Konferenzen und gemeinsame Empfehlungen für die Entwicklung von Betriebsvorschriften und technischen Normen umfassend geteilt. So werden positive Spillover-Effekte in ganz Europa bewirkt, von denen nicht nur die am IPCEI beteiligten Unternehmen und Mitgliedstaaten profitieren werden.

Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass das Vorhaben mit den EU‑Beihilfevorschriften vereinbar ist.

Finanzierung, Empfänger und Beträge

Das IPCEI wird 33 Vorhaben von 32 Unternehmen, darunter fünf KMU, umfassen. Die teilnehmenden Unternehmen werden im Rahmen zahlreicher Kooperationen untereinander sowie mit externen Partnern wie Fernleitungsnetzbetreibern, potenziellen Abnehmern, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Ausrüstungslieferanten in ganz Europa, darunter auch KMU, eng zusammenarbeiten.

Weitere Informationen über die Höhe der Beihilfen für die einzelnen Teilnehmer werden in der öffentlich zugänglichen Fassung des Kommissionsbeschlusses veröffentlicht, sobald die Kommission mit den Mitgliedstaaten und Dritten Einvernehmen über etwaige Geschäftsgeheimnisse erzielt hat, die in der öffentlichen Fassung nicht enthalten sein dürfen.

Hintergrund

Eine Erklärung von Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager zur Genehmigung dieses IPCEI ist hier veröffentlicht.

Die Genehmigung dieses IPCEI ist Teil der Bemühungen der Kommission, die Entwicklung einer innovativen und nachhaltigen europäischen Wasserstoffindustrie zu unterstützen.

Am 18. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission den REPowerEU-Plan, der eine Reihe von Maßnahmen – darunter einen Wasserstoff-Akzelerator – umfasst, mit denen die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland durch eine Beschleunigung der Energiewende rasch verringert werden soll. Der Plan enthält das Ziel, bis zum Jahr 2030 10 Millionen Tonnen Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen in der EU zu erzeugen und 10 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff zu importieren, um Erdgas, Kohle und Öl in schwer zu dekarbonisierenden Industrien und Verkehrssektoren zu ersetzen. Am 8. Dezember 2023 haben das Europäische Parlament und der Rat eine vorläufige Einigung auf aktualisierte EU-Vorschriften zur Schaffung eines Wasserstoffmarktes erzielt, der einen wichtigen Beitrag zu den Bemühungen der EU, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, leisten wird. Im Juli 2020 veröffentlichte die Kommission ihre EU-Wasserstoffstrategie und rief die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben, die die europäische Wasserstoffgemeinschaft (Industrie, Zivilgesellschaft, Behörden) zusammenbringt. Zusammen mit den im europäischen Grünen Deal festgelegten politischen Prioritäten, insbesondere in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit und den Übergang der Industrie und des Verkehrs zur Klimaneutralität, spielten diese Initiativen eine wichtige Rolle für die Ziele des IPCEI Hy2Infra und erleichterten den Aufbau von Partnerschaften.

Mit dem heutigen Beschluss wird auf Grundlage der IPCEI-Mitteilung von 2021 die beihilferechtliche Genehmigung für das achte integrierte IPCEI erteilt. In dieser Mitteilung legte die Kommission fest, unter welchen Voraussetzungen mehrere Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gemeinsam grenzübergreifende Vorhaben unterstützen können, die für die EU von strategischer Bedeutung sind. Mit der Mitteilung sollen die Mitgliedstaaten ermutigt werden, hochinnovative Vorhaben, die einen klaren Beitrag zu Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit leisten, oder den Bau ehrgeiziger Infrastrukturen zu fördern. Die mit diesen Mitteln geförderten Vorhaben müssen jedoch hochinnovativ und für Europa von Bedeutung sein, dürfen keine Massenproduktion oder gewerbliche Tätigkeiten umfassen; im Falle von Infrastrukturvorhaben muss es sich um ehrgeizige Vorhaben handeln, die eine grenzüberschreitende Dimension aufweisen und einen offenen Zugang gewährleisten. Zudem müssen die dabei gewonnenen neuen Erkenntnisse in der gesamten EU verbreitet werden und Spill-over-Effekte bewirken. Um unverhältnismäßige Wettbewerbsverfälschungen im Binnenmarkt möglichst gering zu halten, muss eine eingehende wettbewerbsrechtliche Prüfung durchgeführt werden.

Die IPCEI-Mitteilung ergänzt andere Beihilfevorschriften wie die Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen, die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung und den Unionsrahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation (F&E&I), die die Förderung innovativer Vorhaben ermöglichen und gleichzeitig gewährleisten, dass etwaige Wettbewerbsverzerrungen begrenzt sind.

Im Rahmen der Bemühungen um eine transparente, inklusive und schnellere Gestaltung von IPCEI veröffentlichte die Kommission am 17. Mai 2023 einen Verhaltenskodex auf der IPCEI-Website der GD Wettbewerb. Darüber hinaus hat die Kommission das Gemeinsame Europäische Forum für wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse eingerichtet. Ziel des Forums ist es, Bereiche von strategischem Interesse für potenzielle künftige IPCEI zu ermitteln und die Wirksamkeit des IPCEI-Prozesses zu erhöhen. Im Rahmen des Forums kommen Experten aus den Mitgliedstaaten und den Kommissionsdienststellen sowie Vertreter der Industrie, der Wissenschaft und anderer Interessenträger zusammen.

Schrittweise Aufbau einer EU-weiten Wasserstoffinfrastruktur unterstützt

Pressekontakt

Nina Ferreira
Pressereferentin
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