Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe
Hamburg ist der größte deutsche Seehafen und damit unverzichtbarer Teil der logistischen Infrastruktur. Rund 9 Millionen Container werden jährlich im Hamburger Hafen bewegt. Etwa ein Drittel davon bleibt als Loco-Ladung in der Metropolregion, der Rest wird in die gesamte Bundesrepublik und das europäische Hinterland transportiert. Somit ist Hamburg nicht nur von deutschlandweiter, sondern auch von europäischer Bedeutung. Zudem ist der Hamburger Hafen ein wichtiger Jobmotor der deutschen Volkswirtschaft. Bundesweit hängen rund 607.000 Arbeitsplätze von ihm ab. Zudem werden (bezogen auf das Jahr 2019) durch die vom Hamburger Hafen abhängige Wirtschaft Steuerzahlungen innerhalb der Metropolregion Hamburg (inkl. Hamburg) in Höhe von etwa 1,53 Mrd. Euro ausgelöst. Bundesweit sind es sogar 2,57 Mrd. Euro.
Die Wachstumsaussichten des Hamburger Hafens sind weiterhin ungebrochen positiv. Um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und das außerordentlich gute wirtschaftliche Entwicklungspotenzial voll auszuschöpfen, ist es erforderlich, dass die immer größer werdenden Seeschiffe – allen voran Container- und Massengutschiffe – den Hamburger Hafen ohne Ladungsverluste und lange Wartezeiten anlaufen können. Dem Ausbauzustand der seewärtigen Zufahrt des Hamburger Hafens kommt deshalb eine entscheidende Bedeutung zu.
HHM / Dietmar HasenpuschEhemaliger- und heutiger Sollzustand
Tiefgang
Die weltweit eingesetzten Großcontainer- und Massengutschiffe verfügen mittlerweile über Tiefgänge, die in der Regel die heute auf Unter- und Außenelbe zulässigen Höchsttiefgänge überschreiten. Dies gilt insbesondere für die Containerschiffe, die in der für den Hamburger Hafen so wichtigen Ostasienfahrt eingesetzt werden.
In der nebenstehenden Tabelle wird ersichtlich unter wlechen Bedingungen Schiffe aktuell und zukünftig den Hamburger Hafen anlaufen beziehungsweise verlassen können.(Grundlage ist ein Bemessungsschiff mit 300 m Länge, 32 m Breite und 13,50 m Tiefgang).Max. Tiefgang, ehemaliger Zustand Max. Tiefgang, Heutiger Sollzustand Tideunabhängig einkommend 12,80 m 13,80 m Tideunabhängig auslaufend 12,80 m 13,80 m Tideabhängig einkommend 15,10 m 15,90 m Tideabhängig auslaufend 13,80 m 14,80 m
Schiffsbreite
Begegnungsverkehr
Begegnungsverkehr, also zwei sich passierende Schiffe, ist auf der Unterelbe zwischen Glückstadt und der Hamburger Landesgrenze nur bei Schiffen möglich, deren maximal addierte Breite 90 Meter nicht überschreitet.
Interessante Links:
- Hamburg Port Authority – Wasserseitige Zugänglichkeit
www.hamburg-port-authority.de - Elbe Seaports
www.elbe-seaports.com - Projektbüro Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe
beim Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg
www.fahrrinnenausbau.de - Zukunft Elbe – eine Initiative für Norddeutschland
Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V.
www.zukunftelbe.de
- Hamburg Port Authority – Wasserseitige Zugänglichkeit
Begegnungsbox
Mindestens ebenso wichtig wie die Vertiefung ist die stellenweise Verbreiterung der Fahrrinne. Die wachsende Zahl von Großschiffen zeigt: Die Tiefenbegrenzungen sind vor allem eine ökonomische Belastung für die Reedereien, die von und nach Hamburg auf Ladung verzichten müssen. Die Restriktion bei den Schiffsbreiten stellt eine generelle nautische Herausforderung dar: Auf dem Abschnitt vor Hamburg dürfen Schiffe mit einer addierten Gesamtbreite von mehr als 90 Metern in der rund 300 Meter breiten Fahrrinne einander nicht begegnen.
Im Zuge der Fahrrinnenanpassung soll die Fahrrinne vor Hamburg deshalb auf 320 Meter verbreitert und zwischen Wedel und Wittenbergen obendrein um eine sieben Kilometer lange sogenannte Begegnungsbox ergänzt werden. Dort ist eine Fahrrinnenbreite von 385 Metern geplant.
HHM / Dietmar Hasenpusch Die Ausbaumaßnahmen zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe bestehen im Kern aus dem Ausbaggern von unzureichend tiefen Abschnitten der Fahrrinne und einer teilweisen Verbreiterung des Fahrwassers. Ca. 40 Prozent der Fahrrinne sind bereits auf natürliche Weise hinreichend tief. Dort muss nicht gebaggert werden. Derartige Anpassungen sind im Übrigen keine Hamburger Besonderheit, sondern aufgrund der natürlichen Rahmenbedingungen bei den Nordseehäfen üblich. Dass große Schiffe eine unschlagbare CO2-Bilanz gegenüber Lkw und Bahn haben, ist unbestritten. Doch das alles kann nur funktionieren, wenn die Wasserwege frei sind. Dazu müssen in Hamburg, wie in den meisten Häfen der Welt, die Hafenbecken und Fahrrinnen regelmäßig von Sedimenten befreit werden. Zum Hintergrund: Die Elbe ist ein natürliches System, das ständig Tonnen an Sediment mit sich führt. Sedimente erreichen Hamburg aus zwei Richtungen: mit der Flut aus Richtung Nordsee, mit dem Oberwasser aus dem Einzugsgebiet der Elbe. Diese Sedimente lagern sich in strömungsberuhigten Bereichen der Tideelbe, wie dem Hamburger Hafen, ab. Damit aber die Solltiefe der Fahrrinne durchgehend gewährleitet wird und die Schiffe weiterhin ihr Ziel erreichen, müssen die Hamburg Port Authority (HPA) und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) jedes Jahr mehrere Millionen Kubikmeter Sedimente bewegen. Der Großteil des Materials ist unbedenklich und kann an geeigneter Stelle wieder ins Gewässer gegeben werden. Dazu stehen Hamburg zwei Optionen zur Verfügung: bei ausgewiesenen Gebieten bei „Tonne 3“ in der Nordsee und bei der Insel Neßsand in der Stromelbe. Ein kleiner Teil der Sedimente aus dem Oberlauf hat auf seinem Weg nach Hamburg zu viele Schadstoffe gebunden und muss an Land behandelt und sicher entsorgt werden. Gemeinsam haben die beiden Partner HPA und WSV einen Dialogprozess mit den Nachbarländern, Kreisen und Kommunen, mit Fischerei, Tourismus und Wassersport entlang der Unterelbe sowie mit Umwelt- und Wirtschaftsverbänden für ein neues Sedimentmanagement angestoßen: Das Dialogforum Strombau- und Sedimentmanagement Tideelbe. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse bilden die Grundlage für einen nachhaltigeren Umgang mit Sedimenten. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass weniger Sediment anfällt und sich dessen Belastung noch weiter verringert. Erst im Dezember 2016 wurde der Startschuss für das „Forum Tideelbe“ gegeben – einer neuen Institution, deren Ziel es ist, die nachhaltige Entwicklung der Tideelbe gemeinsam mit den verschiedenen Interessengruppen voranzutreiben. Das Forum Tideelbe baut auf den Lösungsansätzen des vorangegangenen Dialogforums auf und sieht die Umsetzung von Projekten vor, um die Unterelbe naturbelassener zu gestalten und dadurch den stromaufwärts gerichteten Sedimenttransport in Richtung Hamburg zu verringern. Die wesentlichen Arbeitsschritte des Forums Tideelbe sowie Dokumente und Zwischenergebnisse werden auf einer eigenständigen Webseite veröffentlicht, die in Kürze online geht.Ausbaumaßnahmen
Baggern
Das oberste Ziel der Hafenwirtschaft ist es, dass Seeschiffe künftig unabhängig von der Tide mit 13,50 Meter Tiefgang und unter Nutzung der Flutwelle mit 14,50 Meter Tiefgang aus Hamburg auslaufen können. In beiden Fällen ergibt das jeweils einen Meter mehr Tiefgang. Um das zu erreichen, soll die Elbfahrrinne in der Deutschen Bucht von 16,98 auf 19 Meter vertieft werden, im mittleren Bereich zwischen der Nordsee und Hamburg von 15,80 auf 17,30 Meter und vom Zusammenfluss von Norder- und Süderelbe (Stromkilometer 626) bis zum Containerterminal Altenwerder (Stromkilometer 619,5) von 16,70 auf 17,40 Meter.Sedimentmanagement
Interessanter Link:
www.dialogforum-tideelbe.de
HHM / Hasenpusch: Megaboxer-Treffen auf der Elbe In einer nie gekannten Folge von Entwicklungssprüngen wurden und werden Containerschiffe immer größer. Der Grund dafür ist vor allem ökonomischer Druck: Brennstoffkosten und ein harter Wettbewerb zwischen den Reedereien bringen denjenigen in Vorteil, der mit dem größten Schiff Container zu den jeweils günstigsten Kosten transportieren kann. Aus den Schiffsbestellungen der Reedereien geht hervor, dass insbesondere der Anteil der Containerschiffe mit maximalen Konstruktionstiefgängen von > 14,50 Meter überproportional zunimmt. Diese Entwicklung bestätigt sich durch die steigende Zahl der Anläufe von entsprechenden Großcontainerschiffen im Hamburger Hafen. Der Hamburger Hafen ist schon heute bestens auf außergewöhnlich große Fahrzeuge (AGF, Schiffe mit einer Länge von mehr als 330 Metern und/oder einer Breite von mehr als 45 Metern) eingestellt und passt stetig seine Infrastruktur an die Markterfordernisse an.Großcontainerschiffe
Schiffsgrößenentwicklung
Aktuell sind die größten Containerschiffe der Welt über 400 Meter lang und können mehr als 20.000 TEU transportieren. Und es kommen immer mehr dieser Giganten dazu, wie die Auftragsbücher der Reedereien zeigen. Speziell auf den interkontinentalen Langstrecken zwischen Europa und Fernost lohnt sich wegen der gewaltigen Ladungsmengen der Einsatz immer größerer Schiffe. Und Hamburg ist der wichtigste europäische Zielhafen für den Warenaustausch zwischen Europa und China.Großschiffsanläufe in Hamburg
Seit den ersten Anläufen im Jahr 2015 hat sich die Anzahl der Einheiten mit mehr als 18.000 TEU Stellplatzkapazität im Hafen verdreifacht. Im Jahr 2017 wurden in Hamburg allein 102 Anläufe von Großcontainerschiffen in dem Größensegment 18.000 bis 20.000+ TEU gezählt.Anpassung der Hafeninfrastruktur
So verfügt der Hamburger Hafen beispielsweise über vier hochleistungsfähige Containerterminals, die zu den modernsten der Welt zählen und die größten Containerschiffe abfertigen können. So wurden erst im August 2016 drei weitere Containerbrücken der neuesten Generation am HHLA Container Terminal Burchardkai (CTB), Hamburgs größte Umschlaganlage für Container, angeliefert. Insgesamt verfügt die HHLA damit am CTB über acht solcher Brücken. Das CTB kann somit an zwei Liegeplätzen Schiffe mit einer Kapazität von 20.000 TEU und 24 Containerreihen nebeneinander abfertigen. Und auch das HHLA Container Terminal Tollerort (CTT) erhält drei zusätzliche Containerbrücken zur Abfertigung der neuesten Großschiffsgeneration. Damit wird das CTT ab Ende 2017 über fünf Containerbrücken zur Abfertigung von Schiffen mit einer Kapazität von 20.000 TEU und mehr verfügen.
Ein weiteres Beispiel für die Verbesserung der Anlaufbedingungen für Großschiffe im Hamburger Hafen ist der Ausbau der wasserseitigen Zufahrt zum HHLA Container Terminal Tollerort. Mit einer Vergrößerung der Zufahrt wurd das nutzbare Tide-Zeitfenster für das Ein- und Auslaufen großer Schiffe erweitert. Zudem soll der Wendekreis für die Zufahrt zum Waltershofer Hafen mit den Containerterminals CTB und Eurogate von 480 auf 600 Meter erweitert werden.Hintergrundinformationen
HHM / Wischhusen: Schützenswerte Lebensräume Die Planungen zur Fahrrinnenanpassung und das integrierte Strombaukonzept reduzieren weitgehend die Beeinträchtigung von Natur und Umwelt. Umweltbeeinträchtigungen werden vor allem durch eine Verbreiterung der Fahrrinne und die Unterwasserablagerungsfläche in der Außenelbe verursacht. Um diese zu kompensieren, werden zusammen mit der Fahrrinnenanpassung umfangreiche ökologische Ausgleichmaßnahmen umgesetzt (Gesamtumfang ca. 80 Millionen Euro). Dabei werden Flächen renaturiert, die in vergangenen Jahrzehnten vom Menschen umgestaltet wurden. Die negativen Folgen, die die Fahrrinnenanpassung für Natur und Umwelt hat, werden nach Auffassung von Bund und Hamburg dadurch vollständig kompensiert. Und auch die EU-Kommission kam nach Prüfung aller Informationen zu dem Ergebnis, dass die Beeinträchtigungen durch die geplanten Ausgleichsmaßnahmen vollständig ausgeglichen, teilweise sogar überkompensiert werden. Unabhängig von diesen projektbezogenen Ausgleichsmaßnahmen leistet die Stiftung Lebensraum Elbe einen weiteren erheblichen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung der Tideelbe als Lebensader der Metropolregion Hamburg. In der 2010 gegründeten Umweltstiftung arbeiten Stadt, Hafen und Naturschutz zusammen, um den ökologischen Zustand der Elbe zu verbessern. Finanziert wird die Stiftung durch ein Startkapital von zehn Millionen Euro und eine jährliche Förderung in Höhe von fünf Prozent des durch die Hamburg Port Authority (HPA) eingenommenen Hafengeldes. Somit sind die Einnahmen der Stiftung unmittelbar an die Entwicklung des Hafens gekoppelt. Der Hamburger Hafen liegt rund 145 km von der Flussmündung entfernt. Die Fahrt auf der Elbe verlängert den umweltfreundlichen Wasserweg und erspart kostenintensivere Landtransporte. Die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene und den Wasserweg ist in Deutschland auch im Hinblick auf die angespannte Situation des Straßenverkehrs von besonderer Bedeutung. Der Ausbau der Bundeswasserstraße Elbe entlastet somit den Straßenverkehr und schont die Umwelt.Umwelt
Ausgleichsmaßnahmen
Umweltbilanz Schiff
Begegnung von Cap San Lorenzo und Cap San Tainaro Seit Jahren steigt die Zahl der sogenannten außergewöhnlich großen Fahrzeuge (AGF), die den Hamburger Hafen anlaufen. Darunter fallen nicht nur Containerschiffe, sondern auch Bulker und Kreuzfahrtschiffe. Diese Schiffe sind mehr als 330 Meter lang und/oder über 45 Meter breit. Mit der Nautischen Terminal Koordination (NTK) verfügt der Hamburger Hafen über eine Einrichtung, die sich um die zentrale betriebliche Abstimmung der Großschiffsanläufe kümmert – lange bevor das Schiff die Revierfahrt auf der Elbe antritt. Schiffe werden teils bereits ab Gibraltar im Zulauf begleitet.Revierfahrt- Lotsenrevier Elbe
Interessante Links:
Nautische Terminal Koordination (NTK)
Zu den Aufgaben der NTK zählen die terminalübergreifende betriebliche Koordinierung der Vorplanung, der Zulaufsteuerung und der Abgangsplanung von Großschiffen im Hamburger Hafen. Die so erstellte betriebliche Gesamtübersicht wird durch die NTK als zentrale Schnittstelle rund um die Uhr mit der Nautischen Zentrale in Hamburg und den Elblotsen abgestimmt. Dabei werden über das NTK Kommunikationswege gebündelt und Wechselwirkungen von Entscheidungen rund um die Großschiffsabfertigung frühzeitig erkannt. Konfliktsituationen werden so schon im Zulauf auf das Revier ausgemacht und möglichst beseitigt. Ziel ist eine optimale Verkehrssteuerung auf der Elbe und eine Entlastung der Nautischen Zentrale.Interessanter Link:
www.hvcc-hamburg.de