Die Wegbegleiter

Die Wegbegleiter

Wenn die Menschen über den Hamburger Hafen sprechen, dann denken sie an Ladung und Schiffe, an LKW und Stau – all das, was ab der Kaikante passiert. Der Weg dahin wird oft übersehen. Wobei er gerade in Hamburg so besonders ist.

Rund 100 Kilometer müssen die Schiffe von der Elbmündung flussabwärts in Richtung Hamburg zurücklegen, bevor sie den Hafen erreichen und an einem der Terminals festmachen können. Auf diesem Weg werden sie von den Elblotsen begleitet. Für die Lotsen, die schon seit Jahrhunderten die Schiffe die Elbe entlang begleiten ist das derzeitige Wachstum der Schiffe, die Zunahme der Verkehre und das Handling der Fahrzeuge im Revier eine echte Herausforderung. „Dieser Herausforderung stellen wir Elblotsen uns und sind stolz darauf, dass es uns möglich ist, die größten Schiffe der Welt von der Nordsee bis nach Hamburg zu bringen“, betont Ben Lodemann, Ältermann der Lotsenbrüderschaft Elbe.

Die Elblotsen gehen nahezu immer, unter jeder Wetterbedingung, zu jeder Tageszeit zwischen Helgoland und Hamburg an Bord der Schiffe und stehen der Schiffsführung beratend zur Seite. Es spielt dabei keine Rolle, ob das schiff 90 oder 400 Meter lang ist, ob die Augenhöhe auf der Brücke 3 oder 65 Meter beträgt. Diese Leistung ist aber kein zufälliges Gelingen, sie ist das Resultat einer langen und guten, zielgerichteten Ausbildung der Nautiker, die 24/7 an 365 Tagen im Jahr als Lotsen und somit als Berater der Schifffahrt auf dem Revier unterwegs sind. Bisher ist es den Lotsen möglich gewesen, ihren Nachwuchs „aus der Fahrt“ zu generieren. Die Nautiker, die sich um eine Position als Lotse beworben haben, hatten ein nautisches Studium und mindestens vier Jahre Bordanwesenheit in leitender nautischer Funktion vorzuweisen.

Elbkenntnise verfeienern

Damit ist gewährleistet, dass sie beste nautische und navigatorische Grundkenntnisse haben, die wir hier auf der Elbe im Rahmen der brüderschaftseigenen Ausbildung verfeinern. Nach Bestallung sind dann weitere fünf Jahre als Lotse notwendig, bevor ein Kollege auf einem der ganz großen Schiffe eingesetzt wird. Dann kennen die Lotsen „ihren“ Fluss wirklich. Im Laufe der Lotsentätigkeit habe die Lotsen jährlich an einem festgelegten Pensum an Fortbildungstagen teilzunehmen, um ihre Kompetenzen auf dem neuesten Stand zu halten und um die Informationen aus kritischen Situationen mit aufzunehmen. Neueste Erkenntnisse werden vermittelt und das Training für weitere Schiffsklassen wird intensiv vorgenommen. In der derzeitigen Situation stellt sich aber heraus, dass es zunehmend weniger Absolventinnen und Absolventen der nautischen Hochschulen gibt, die ihre Patente ausfahren. So fehlen die vier Jahre an Bord. Die Zahl ist so deutlich gesunken, dass es den Lotsen zukünftig nicht sicher möglich sein wird, den Nachwuchs tatsächlich wie bisher aus der Fahrt zu generieren. Also mussten andere Wege her.

Neue Wege zum Beruf

Im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums haben die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) und die Lotsen drei neue Wege zum Beruf entwickelt: Sollte ein Nautiker an Bord sein Patent schon ausgefahren haben (zwei Jahre Bordanwesenheit) dann kann er sich entsprechend für eine LA 2 bewerben – eine revierbezogene Ausbildung, die sich sechs Monate mit dem reinen Shiphandling in dem jeweiligen Revier beschäftigt und der sich dann eine LA 3 anschließt, die sich 12 Monate nur mit dem Training der Beratung in dem jeweiligen Revier beschäftigt. Sollte sich ein Nautiker bereits nach Abschluss des Bachelorstudiums direkt bei den Lotsen bewerben wollen, so kann er sich auf eine LA 1 bewerben. Hier wird innerhalb von sechs Monaten in allen deutschen Seelotsrevieren reines Shiphandling vermittelt.

Danach schließen sich LA 2 und LA 3 an. Zudem muss ein solcher Kollege verpflichtend einen berufsintegrierten akademischen Master vor seiner Bestallung erwerben. Den Lotsenbrüderschaften ist es vorbehalten zu entscheiden, durch welchen dieser drei möglichen Zugangswege (Nach 4 Jahren Bordanwesenheit / nach 2 Jahren Bordanwesenheit / direkt nach dem Studium) sie zukünftig ihren Nachwuchs rekrutieren möchte. Derzeit ist seitens der Verwaltung, aufgrund von unterschiedlichen Zuständigkeiten zwischen den Bundesländern und dem Bund die Beteiligung der Hafenlotsen an diesem zusätzlichen Ausbildungswegen (noch) nicht vorgesehen.

Es ist für den Hamburger Hafen ultimativ notwendig, dass die Elblotsen einen ausreichenden Personalbestand haben, um die Erreichbarkeit des Hafens zu gewährleisten. Grundsätzlich ist der Beruf des Lotsen ein wunderbarer Beruf mit vielen Facetten. „Wer eine anspruchsvolle und lange Ausbildung nicht scheut, der kann sich auf einen abwechslungsreichen und verantwortungsvollen Beruf freuen“, sagt Lodemann. Wenn die Menschen zukünftig vom Hafen sprechen, dann sollten sie auch dringend an die seewärtige Anbindung und an die Lotsen zwischen der Nordsee und Hamburg denken. Denn die Elblotsen sind nicht selbstverständlich einfach da.

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