WindEnergy Hamburg 2020: Schwerpunktthema Indien

21.07.2020 15:07 Wirtschaft

Indien als Schwerpunktthema auf der WindEnergy Hamburg 2020: Dem GWEC-Jahresbericht 2019 zufolge ist der Subkontinent der viertgrößte Onshore-Windmarkt der Welt mit einer installierten Gesamtleistung von 37,5 GW. Das Beratungsunternehmen Wood Mackenzie nennt zwei wesentliche Triebkräfte für ein nachhaltiges Wachstum des Windmarkts: steigender Energiebedarf und politischer Wille. 

Der Energiebedarf Indiens wird sich während des kommenden Jahrzehnts voraussichtlich verdoppeln. Die indische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die installierte Gesamtleistung bis 2022 auf 60 GW zu steigern, und bis 2030 auf 140 GW. Während des Jahres 2019 war Indien mit 2,4 GW an neuer installierter Leistung Asiens zweitgrößter Windmarkt; auf dem Onshore-Markt erreichte das Land mit 3,9 Prozent aller Neuinstallationen weltweit den vierten Platz.

Das Beratungsunternehmen Wood Mackenzie prognostizierte am 4. Juni allerdings nur noch Neuinstallationen mit einer Gesamtnennleistung von 2,5 GW für das Jahr 2020, während frühere Vorhersagen noch von 3,5 GW ausgegangen waren. Dem gegenüber weist die Statistik von Mercom India für das erste Quartal 2020 nur eine am Netz angeschlossene Zusatzleistung von 189 MW aus. Davon entfielen auf den Bundesstaat Tamil Nadu allein 25 Prozent. Auch für den Rest des Jahres 2020 sind die Fachleute nicht sonderlich optimistisch, weil aufgrund der COVID-19-Ausgangssperren mindestens zwei für Windturbineninstallationen wichtige Monate verloren gegangen sind. Die beginnende Monsunzeit eignet sich nicht gut für die Umsetzung von Projekten.

Auf der positiven Seite sehen indische Insider derzeit einen Boom beim Export wichtiger Komponenten wie z.B. Getriebe zur Belieferung großer Windmärkte, insbesondere in den USA. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China gilt als weiterer Faktor, der indischen Unternehmen zugute kommt. Nicht weniger ermutigend ist nach einem GWEC-Bericht die Ankündigung eines Konjunkturpakets durch die indische Regierung in Höhe von etwa 10 Prozent des indischen Bruttoinlandsprodukts zur Wiederbelebung der von der COVID-19-Pandemie gebeutelten Volkswirtschaft. Auch der Energiesektor wird von dieser Liquiditätsspritze profitieren. Darüber hinaus dürfte sich der angekündigte Wegfall von Angebotsobergrenzen bei zukünftigen Ausschreibungen des indischen Ministeriums für Neue und Erneuerbare Energien (MNRE) Bauträgern zufolge als Win-Win-Situation auswirken. Man geht davon aus, dass die Umorientierung weg von festgelegten Angebotsobergrenzen und hin zu reinen marktorientierten Ausschreibungsverfahren ohne künstliche Beschränkungen und mit mutmaßlich besseren Preisen eine weitere Stärkung der Bauträger-Nachfrage mit sich bringen wird.
 
Schwachwind-Markt
Der Subkontinent ist – abgesehen von windstärkeren Gebieten entlang der Ostküste sowie im Bundesstaat Gujarat – ein typischer Schwachwind-Markt gemäß IEC III und IV. Um eine wirtschaftlich vertretbare Energieerzeugung an Standorten mit ungünstigen Windbedingungen zu ermöglichen, setzen alle großen Anbieter auf Schwach- und Mittelwindmodelle mit Nennleistungen ab 2-3 MW, wobei der Trend hin zu höheren Leistungen und größeren Rotordurchmessern geht. Die Lokalisierung der Produktion ist ein wichtiges Thema und ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Anbieter in Indien. Viele deutsche und ausländische Aussteller auf der WindEnergy Hamburg – darunter auch einige aus Indien – sind aktive Mitglieder der rasch expandierenden Belieferungskette für Getriebe, Generatoren, Gussteile, Lager und Rotorblätter. In Indien gefertigte Komponenten werden zunehmend in alle Welt exportiert.
 
“Siemens Gamesa betreibt in Indien vier Werke, die derzeit über ein Auftragsbuch mit einer Gesamtnennleistung von 6.500 MW verfügen, das sind 17% des Gesamtauftragsbestands in Indien. Die indischen Werke von SGRE widmen sich hauptsächlich der Deckung der zunehmenden Inlandsnachfrage. Darüber hinaus beliefert SGRE India aber auch andere Märkte der Welt, darunter Europa, Mexiko und Sri Lanka,“ betont Navin Dewaji, CEO von SGRE India.
 
Strategische Exportnation
Vestas ist bereits seit 2006 auf dem indischen Markt präsent und baut derzeit ein neues Gondel- und Naben-Montagewerk in Chennai (Bundesstaat Tamil Nadu). Damit wird die Zahl der Beschäftigten des Unternehmens im Land auf das Vierfache ansteigen. Das neue Werk soll Ende 2020 in Betrieb gehen und wird die Präsenz von Vestas in Indien verstärken. Den Verlautbarungen des Unternehmens zufolge wird Vestas einerseits die wachsenden regionalen Windmärkte beliefern, andererseits aber seine globale Reichweite von Indien als strategischem Exportstandort aus vergrößern. Der weltgrößte Zulieferer der Branche wird die Messebesucher in Hamburg über seine Aktivitäten in Indien aufklären; Vestas verfügt über eine Vertriebsniederlassung in Bombay, ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Chennai und die Rotorblattfertigung in Ahmedabad.
 
Auch für WindEnergy-Aussteller Nordex Group ist Indien ein Schlüsselmarkt. Das Unternehmen besitzt ein Montagewerk in Chennai (Bundesstaat Tamil Nadu), fertigt in Zusammenarbeit mit einem indischen Partnerunternehmen Rotorblätter, stellt Betontürme lokal her und besitzt Niederlassungen in Bangalore und Pune. Das wichtigste Produkt von Nordex für den indischen Markt ist die AW3000-Plattform mit Nennleistungen ab 3 MW, die derzeit bereits zu 60 Prozent im Inland produziert wird. „Wir planen, auch die Delta4000-Plattform größtenteils lokal in Indien herzustellen und streben hier bis 2020/2021 den gleichen Lokalisierungsgrad an. Insgesamt wird Indien ein wichtiger Standort für unsere Lieferkette sein. Sowohl für unsere Montage als auch als Absatzmarkt, aber auch für die Belieferung anderer Märkte ergänzend zu den Standorten in Europa und China spielt das Land eine wichtige Rolle,“ erläutert Falk Mehdorn, Senior Vice President Operations.
 
Forschung und Entwicklung
Enercon ist wieder in Indien aktiv. Nachdem das Unternehmen 2007 seine vorerst letzte Windturbine in Indien installiert hatte, wurden zunächst Kooperationsverträge mit eigenständigen Dienstleistern für die Wartung und Instandsetzung älterer Windturbinen abgeschlossen. In einem nächsten Schritt wurde im vergangenen Frühjahr ein indisches Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnet, das vorwiegend Support-Aufgaben der deutschen F&E-Organisation übernehmen soll. Denn viele offene Stellen können hierzulande nicht besetzt werden. Darüber hinaus meldet Enercon den Abschluss eines Rahmenvertrags mit dem in der Stadt Erode im Bundesstaat Tamil Nadu ansässigen Unternehmen Coral Manufacturing Works über die Herstellung von Generatoren für die neuen, 4,2 MW starken Modelle des Typs E-138 E2 sowie für das neueste 4,6-MW-Flaggschiff, das Modell E-160 EP5. Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist das Markteinführungsdatum momentan noch nicht ganz klar, wie ein Unternehmenssprecher bekannt gab. Mitarbeiter von Enercon werden die Besucher der WindEnergy Hamburg darüber informieren, warum Indien für die Internationalisierung der Zielmärkte und Lieferketten des Unternehmens die erste Wahl ist.
 
ZF Wind Power und Winergy sind zwei Paradebeispiele für die Herstellung von Getrieben in Indien für lokale und globale Märkte. Vertreter dieser beiden führenden Lieferanten werden die Messebesucher in Hamburg über ihre in Indien hergestellten Produkte informieren und zugleich darlegen, wie sie Kunden bei der Internationalisierung und der Realisierung anderer strategischer Ziele unterstützen können. ZFWP-Marketingleiter Kris Adriaenssen hierzu: „Unser hochmodernes Fertigungswerk in Coimbatore ist auf die Bereitstellung zukunftsweisender Getriebelösungen und begleitender Dienstleistungen spezialisiert. Als größte Fertigungsstätte für Windturbinengetriebe von ZF beliefert es von Indien aus nationale und internationale Märkte. Es ist Teil unserer Investitionen in eine ausgewogene globale Präsenz mit dem Ziel, Lieferrisiken für globale Kunden einzudämmen. Das Werk Coimbatore erfüllt die höchsten Qualitätsansprüche der Branche und wurde mit dem India Wind Energy Excellence Award in der Kategorie ‚Gearbox Manufacturing Company of the Year 2018‘ ausgezeichnet. Zugleich ist das Werk integraler Bestandteil der Service-Organisation von ZFWP für Getriebereparaturen und liefert Ersatzteile an Service-Niederlassungen in aller Welt.“
 
Winergy beliefert eigenen Angaben zufolge den indischen Markt seit 1994 von Deutschland aus. Seit 2005 werden vom Werk Chennai alle führenden Windturbinen-Anbieter mit Getrieben für den nationalen Markt versorgt. Mit der zunehmenden Nachfrage hat das Unternehmen seine Fertigungs- und Konstruktionskapazität seither kontinuierlich ausgebaut. Das nach wie vor hauptsächlich für die 2-MW-Windturbinenklasse bestimmte Getriebe-Portfolio von Winergy India wird teilweise auch exportiert.
Im Jahr 2016 investierte Winergy in einen neuen 6-MW-Prüfstand für die leistungsstärkeren Getriebe der nächsten Generation mit zwei Planetengetriebestufen. Auch diese größeren Getriebe werden bereits ausgeliefert. Durch weitere Investitionen in die Fertigungsinfrastruktur und den Ausbau der unternehmenseigenen Konstruktion will Winergy India dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Getrieben der nächsten Generation befriedigt werden kann. Zugleich führt das Unternehmen modernste Qualitätssicherungssysteme ein und investiert verstärkt in die Ausbildung seiner Mitarbeiter.
 
Der VDMA vertritt in Indien führende deutsche Windturbinen-OEMs, Hersteller wichtiger Komponenten und zahlreiche weitere Unternehmen, die an Projekten auf dem Subkontinent beteiligt sind bzw. dort Fertigungswerke besitzen. Der VDMA wird an seinem Stand auf der WindEnergy Hamburg internationale Messebesucher begrüßen und informieren und Unternehmen bei der Anbahnung neuer Partnerschaften für Indien unterstützen.
 
WindEnergy Hamburg vom 1. - 4. Dezember 2020
Alle zwei Jahre trifft sich eine der spannendsten und zukunftsträchtigsten Branchen auf dem weltweit führenden Networking-Event der Windenergie: Auf der WindEnergy Hamburg im Herzen der pulsierenden Hansestadt präsentieren 1400 Aussteller ihre Innovationen und Lösungen. Die Messe ist ausgesprochen international – jedes zweite ausstellende Unternehmen kommt aus dem Ausland. Führende OEMs und Anbieter von Anlagenkomponenten entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Onshore- und Offshore-Windenergie geben einen umfassenden Marktüberblick. Rund 600 Service-Anbieter, von der Planung und Projektierung über Installation, Betrieb und Wartung, Vermarktung, Zertifizierung bis hin zur Finanzierung runden das Angebot ab.

Das Who‘s Who von Industrie, Verbänden, Wissenschaft und Politik ist auf der Messe zugegen. Begleitet wird die Expo von einem hochkarätig besetzten Konferenzprogramm zu allen Schwerpunktthemen, die die Branche bewegen. Gestaltet wird das umfassende Programm einschließlich der „Insight“-Bühnen „Power4Climate“ und „Empowering People“ von WindEurope, dem Co-Organisator der WindEnergy Hamburg. Das GWEC ist Global Partner und präsentiert „Global Business Insights“. Die WindEnergy Hamburg 2020 war ursprünglich vom 22. bis 25. September 2020 geplant und wurde wegen der COVID-19-Pandemie auf den 1. bis 4. Dezember 2020 verschoben

WindEnergy Hamburg 2020: Schwerpunktthema Indien

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