Wettbewerb im Umschlagsgeschäft bleibt relevant
13.10.2023 09:30 Wirtschaft
- Energietransformation in Häfen und Schifffahrt erfordert Anhebung des Hafenlastenausgleichs
- Zwei Milliarden Euro jährlich für Sanierung der Wasserstraßen nötig
- Erfolg der Nationalen Hafenstrategie wird an Wettbewerbsfähigkeit gemessen
Frank Dreeke, DVF-Präsidiumsmitglied und Vorsitzender des Vorstands BLG LOGISTICS GROUP AG & Co. KG, hat auf der DVF-Veranstaltung konsequente Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit des Hafen- und Schifffahrtsstandortes Deutschland angemahnt: "Die Häfen werden zu Knotenpunkten globaler Transportketten für grüne Energie. Damit das funktioniert, müssen strategische Investitionen über einen langen Zeitraum konsequent durchgehalten werden - von der Schifffahrt, den Terminalbetreibern, den Häfen und auch vom Bund. Darum ist die Anhebung des Hafenlastenausgleichs zwingend erforderlich. Im Übrigen bleibt der Wettbewerb im Umschlagsgeschäft, der Wettbewerb zwischen den Häfen und Transportketten zu einhundert Prozent relevant. Umschlagsentwicklung, Infrastruktur, seewärtige Zufahrten und Leistung der Hinterlandanbindungen - das sind Kernpunkte, an denen wir den Erfolg der Nationalen Hafenstrategie messen werden."
Das Engagement globaler Logistikkonzerne und Containerlinien in deutschen Häfen bewertete Dr. Arnt Vespermann, CEO Offen Group, Präsidiumsmitglied Verband Deutscher Reeder (VDR), grundsätzlich als positiv: "Diese Investitionen zeigen die Wettbewerbsfähigkeit und Relevanz des hiesigen Standortes im internationalen Wettbewerb." Vespermann unterstrich die Bedeutung der Verfügbarkeit alternativer Kraftstoffe für die Erreichung des Net-Zero-Carbon-Ziels: "Eine Kombination aus Förderung von Forschung und Entwicklung, finanziellen Anreizen und international abgestimmten Regulierungen ist dabei essenziell."
Umfassendes Investitionspaket im maritimen Bereich gefordert
Dieter Janecek MdB, Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, erklärte hinsichtlich einer schnelleren Produktion und Bereitstellung alternativer Kraftstoffe, dass Quoten wie in der neuen EU-Verordnung FuelEU Maritime ein wichtiges Instrument seien: "Daneben muss auch der Aufbau der Infrastruktur für den Import und den Transport insbesondere von Wasserstoff und Wasserstoff-Derivaten in den Häfen und an Land vorangetrieben werden. Mit der Hafenstrategie und der Wasserstoff-Importstrategie werden wir hierfür die Basis schaffen." Er hob die aktuellen Maßnahmenschwerpunkte bei der Umstellung der Energiebasis Deutschlands hervor: Ausbau der Anlagen und Netze für EE-Strom, Aufbau der Infrastruktur für Wasserstoff und den Bau von LNG-Terminals. Vor dem Hintergrund der Debatte über den Hafenlastenausgleich kündigte Janecek eine von BMWK und BMDV in Auftrag gegebene Studie an, um die Bedarfe der Häfen in Bezug auf die Energiewende zu untersuchen.
Der Vorsitzende des Arbeitskreises Küste der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Oliver Grundmann MdB bemängelte diese Schritte als unzureichend: "Aus allen Bereichen der maritimen Wirtschaft hören wir Alarmsignale, auf die die Bundesregierung bisher nicht ausreichend reagiert. Wir brauchen ein umfassendes Investitionspaket für Hafeninfrastruktur und Wasserstraßen, Milliarden-Investitionen, um den Norden zur Drehscheibe einer erfolgreichen Energiewende für ganz Deutschland zu machen. Wir fordern ein massives Infrastrukturbeschleunigungspaket, die zügige Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans und die Beschleunigung von Hafeninfrastrukturprojekten. Und es braucht dringend Bürgschaften, qualitative Ausschreibungskriterien und Wertschöpfungsklauseln, damit die Investitionen im Land bleiben."
Wasserstraßen unterfinanziert - WSV unterbesetzt
Als massives Problem wurden auch die unzureichende Finanzausstattung und die schleppende Sanierung der Wasserstraßen thematisiert. Heiner Dettmer, CEO Dettmer Group KG, forderte mit Nachdruck höhere Investitionen, um die Attraktivität des Systems Wasserstraße für die Verlader zu erhöhen. Ein Ausfall dieses Transportweges hätte katastrophale Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und insbesondere für die Industrie: "Schiene oder Straße können das Volumen nicht zusätzlich abdecken. Dies ist den verantwortlichen Politikern offensichtlich nicht bewusst oder wird verdrängt, denn die Binnenschifffahrt mobilisiert keine Wählerstimmen. Die Investitionen in die Infrastruktur sollten jährlich im Minimum zwei Milliarden Euro betragen, um die Zukunft der Wasserstraße zu sichern."
Bernd Reuther MdB, Verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte, dass die Wasserstraße in den kommenden Jahren Sanierungsmaßnahmen insbesondere für Wehre, Schleusen und Brücken benötige. "Angesichts der angespannten Haushaltslage ist eine Priorisierung entscheidend, damit zumindest die Abladeoptimierung Mittel- und Niederrhein sowie die Sanierung des Westdeutschen Kanalnetzes vorangetrieben werden können. Die Verhandlungen zum Genehmigungsbeschleunigungsgesetz laufen aktuell noch. Für eine zukunftsfähige Mobilität brauchen wir einen Beschleunigungsturbo für alle Verkehrsträger, das gilt für die Straße und Schiene ebenso wie für die Wasserstraße."
"Der politische Wille bei der Stärkung des Verkehrsträgers Schiene ist klar erkennbar. Die Bedeutung des "Systems Wasserstraße" verliert dagegen an politischer Priorität. Dieses ist, insbesondere für die industrielle Rheinschiene mit einem hohen Anteil am Modal Split, fahrlässig", urteilte Jan Sönke Eckel, Geschäftsführer RheinCargo GmbH & Co. KG. Eckel betonte zudem, die Binnenschifffahrt sei in großen Teilen trimodal aufgestellt. Zwar sei in Hinblick auf den kombinierten Verkehr die Förderkulisse gut, jedoch sei auch Förderung bei anderen Anlagen der Hafeninfrastruktur nötig.
Der Koordinator der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt Mathias Stein MdB, SPD-Fraktion, forderte mehr Transparenz und Tempo bei der Entscheidungsfindung innerhalb der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), die derzeit zur intransparent und langsam sei: "Das sorgt bei Wirtschaft und Industrie, aber auch bei den Mitarbeitenden für Frust. Auch die Personalsituation bei der WSV bereitet mir Sorgen. Dass knapp 10 Prozent der Stellen innerhalb der WSV vakant sind, kann kein Zustand sein!" Außerdem müsse der Bund in der Nationalen Hafenstrategie regulatorische und finanzielle Rahmenbedingungen setzen. "Er hat damit die Gelegenheit, sich als verlässlicher Partner der Binnenschifffahrt zu zeigen und für ausreichende finanzielle, strukturelle und personelle Kapazitäten im Bereich der Wasserstraßen zu sorgen."
Parlamentarischer Abend unter dem Titel "Deutsche Häfen und Schifffahrt auf Kurs für die Energie- und Klimawende"
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