Seehafentag Schwaben

13.07.2022 09:47 Wirtschaft

Nur wer sich auskennt, kann Potenziale nutzen. Wie die Häfen Hamburg, Rotterdam, Antwerpen-Brügge, Wilhelmshaven, Genua und Triest der regionalen Wirtschaft dienen. Zu diesem Thema bot ein Seehafentag in Augsburg am 6. Juli 2022 rund 65 Teilnehmenden eine Plattform, initiiert vom Logistik-Cluster Schwaben e. V. und organisiert in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer Schwaben.

Im Sea Explorer sind zurzeit fast alle Schiffe rot. Sie warten auf See. Schon 2021 waren nur 36 % pünktlich im Zielhafen. Die Situation schaukelt sich von Tag zu Tag weiter hoch. Stau bindet Equipment und Wartezeiten kosten Geld. Mit jedem Schiff wird die Situation in den Häfen schlimmer. „Stopp und Neustart des komplexen Systems ist leider nicht möglich“, fasst Jutta Nubbemeier, Kühne + Nagel, zum Abschluss des Seehafentags zusammen. „Als Folge von Krieg, Pandemie und Havarien stehen Container an Orten, wo wir sie nicht brauchen, das lässt die Transportpreise weiter steigen.“ Gestörte Lieferketten plus Klimawandel zwingen alle Beteiligten ihre Komfortzone verlassen. Sie müssen neue Wege finden. Dafür schlug der Seehafentag in Augsburg über Themen wie Energiewende, Digitalisierungspotenziale und Kapazitäten wichtige Brücken. Verlader, Dienstleister und Häfen tauschten sich über Infrastruktur, Angebot und Nachfrage im intermodalen Verkehr via Häfen aus.

Potenzial ist höher als der Preis
„Kombinierter Verkehr ist wettbewerbsfähig“, sagt Claas-Tido Gellermann zum Einstieg und bringt das schwäbische Publikum zum Schmunzeln. „Wenn die Voraussetzungen stimmen.“ Verantwortlich für Business Development Rail bei Hellmann Worldwide Logistics weiß er, auf was es ankommt. Sein Unternehmen organisiert weltweite Logistikketten mit mehr als 20.000 Mitarbeitern über 137 Niederlassungen, eine davon im Güterverkehrszentrum (GVZ) Region Augsburg, das die Teilnehmenden im Anschluss auf einer Bustour kennenlernen. Sie sehen die blühende Sommerwiese, auf der zum Fahrplanwechsel 2025 das Augsburger Terminal die Straße mit einem Schienennetz verknüpfen wird, das bis an die Häfen reicht. Zum Thema, wie Verkehre auf der Schiene dem Wettbewerb mit dem Lkw standhalten, sagt Gellermann: möglichst späte Ladezeiten, frühe Ankunft über Express- und Schnelltrassen sowie flexible Slots in den Terminals.

Hinterland-Verkehr steigt
„2021 waren 15.000 Container im kombinierten Verkehr zwischen Schwaben und Hamburg unterwegs. Verkehre ins Hinterland nehmen zu“, sagt Harald Kreft. Er ist Leiter der Hamburger Hafenbahn und verantwortet für die Hamburg Port Authority den Güterumschlag zwischen Schiff und Schiene. Mit mehr Hinterland-Transporten als alle anderen großen Häfen sieht Kreft die Herausforderung vor allem in der Vielfalt der Beteiligten. „Pro Tag steuern wir allein 300 Operateure und bis zu 200 Züge“, erzählt er. Der Ansatz Smart Port hilft. Ein Beispiel sind Rail Data Gates, die Daten bei Ein- und Ausfahrt der Wagen erfassen und verteilen. „Wenn ein Schiff zu spät kommt, müssen viele informiert werden", greift Ingrid Rossmaier den Gedanken auf: "Terminalmitarbeiter, Lkw-Fahrer, Operateure, alle warten“. Die Repäsentantin des Rotterdamer Hafens in Süddeutschland appelliert: „Gerade bei gestörten Lieferketten müssen wir zusammenarbeiten. Wenn nicht, wird’s noch schlimmer.“ Wie sehr die Digitalisierung das Zusammenspiel vereinfacht, zeigt sie im Überflug über diverse Tools: Routescanner für kurze Transitzeiten, Portbase als Plattform für Container und Naviporta für Blockchain-basierte Waren- und Informationsflüsse. „Alles Hebel für effizienten Datentausch, mit dem wir am Ende Ressourcen sparen.“

Angebot zu unbekannt
„Die Potenziale der Häfen sind noch nicht ausreichend bekannt“, steigt Elmar Ockenfels, Vertreter der Häfen Antwerpen und Brügge, über das Thema Energiewende in die Diskussion ein. Von NextGen, dem zukünftigen Umschlaghafen für grünen Wasserstoff, schlägt er den Bogen bis zu den 1.200 Verbindungen, über die die beiden Häfen heute schon Drehscheiben für Verkehre nach Nordamerika, Lateinamerika und Westafrika sind, den Süden via Binnenschiff über die Rheinschiene bedienen und im Shortsea-Verkehr UK und Irland anschließen. Als kleinster und jüngster Hafen im Reigen der Nordlichter präsentierte Michael Moehlmann die positiven Entwicklungen im GVZ Jade-Weser-Port entlang der zwei Kilometer langen Hafenmauer in Wilhelmshaven. Seine freien Flächen und Umschlagkapazitäten sind gerade jetzt bei angespannten Lieferketten und begrenzten Transport- und Lagerkapazitäten sehr willkommen. Als einziger mit Tiefwasser in Deutschland ist der Hafen eine neue Alternative.

Drehscheiben in Italien
Auf dem Radar internationaler Investoren aber noch viel zu wenig auf dem Schirm der süddeutschen Spediteure und Verlader sind die italienischen Häfen, speziell in Ligurien und an der oberen Adria. In Vado, Savona, Genua und Pra‘ schlagen leistungsfähige Terminals Waren um. Sie bieten direkte Bahnanbindung Richtung Schweiz, Österreich und Süddeutschland. Silvio Ferrando, Marketing und International Business Manager, Autorità Portuale di Genova, zeigt eine leistungsfähige Infrastruktur, die ein gutes Drittel aller Container für Italien umschlägt und 80 Prozent der Produktion in Norditalien versorgt. In Triest beteiligen sich Investoren aus aller Welt am Aus- und Neubau von Containerterminals. Unter anderem auch Deutschland für den Import von Bauholz und Öl. Sergio Nardini, Vertreter der Häfen Triest und Monfalcone, wirbt für seinen Hafen als maritimes Tor, das Süddeutschland an die Seidenstraße via Suez Richtung Asien anschließt, aber auch Logistikdrehscheibe für den Ostseeraum und Skandinavien sein kann.

Nachhaltig auf die Schiene setzen
Mit dem Seehafentag schloss der Logistik-Cluster Schwaben seine Veranstaltungsserie zum Thema Güterverkehr auf der Schiene ab. Alle Informationen fasst ein E-Book zusammen, das auf der Website zum kostenfreien Download steht. „Mit der Workshop-Reihe haben wir zahlreiche Akteure der schwäbischen Wirtschaft informiert und vernetzt. So fällt es Logistikdienstleistern und Verladern hoffentlich leichter, Verkehre auf die Schiene zu setzen“, fasst Ingrid Eibner, Geschäftsführerin im Logistik-Cluster Schwaben e. V. das Ziel der Veranstaltungen im letzten halben Jahr zusammen.

Über den Logistik Cluster Schwaben e.V. (LCS)
Der LCS ist ein 2011 gegründetes Logistiknetzwerk mit rund 100 Mitgliedsunternehmen und -institutionen. Unterstützt von den beiden Industrie- und Handelskammern Schwaben und Ulm setzt sich der Verbund regional, national und international für die Logistik in Schwaben ein und deckt das Gebiet zwischen Kempten, Nördlingen, Augsburg und Ulm ab. Vorstandsvorsitzender ist Ralph Ehmann. Die Geschäfte führt Ingrid Eibner. Aktuelle Informationen unter www.logistik-schwaben.de

Harald Kreft, Leiter der Hamburger Hafenbahn, berichtet von zunehmenden Verkehren ins Hinterland.

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    • Karin Lengenfelder

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