Schleswig-Holsteinische Häfen fordern vom Bund mehr Tempo beim Infrastrukturausbau und konkrete finanzielle Zusagen

09.04.2024 11:02 Wirtschaft

Der Gesamtverband Schleswig-Holsteinischer Häfen (GvSH) lud zum 14. Maritimen Parlamentarischen Frühstück in Berlin ein. Mit 52,6 Millionen Tonnen Ladung sowie 12,7 Millionen abgefertigten Passagieren im Jahr 2023 festigen die Schleswig-Holsteinischen Seehäfen ihre Rolle als maritime Drehscheibe für Güter und Passagiere.

Mehr als 50 Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft kamen heute beim 14. Parlamentarischem Frühstück in der „Ständigen Vertretung“ des Landes Schleswig-Holstein beim Bund zusammen. Neben etwa 15 Bundestagsabgeordneten waren auch Minister Claus Ruhe Madsen, Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes Schleswig-Holstein, Staatssekretärin Sandra Gerken, Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein beim Bund, und Björn Ipsen, Präsident und Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein, zu Gast. Im Mittelpunkt des heutigen Maritimen Frühstücks standen neben der Bedeutung der Hafenstandorte als maritime Logistikdrehkreuze auch der dringend notwendige Infrastrukturausbau und die Nationale Hafenstrategie des Bundes.

Maritime Logistik-Drehkreuze

Die schleswig-holsteinischen Seehäfen sind für Deutschland und Europa von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung: als Umschlagplätze für Güter und Passagierverkehre, als, RoRo Häfen und Kreuzfahrtterminals sowie als Energiedrehscheibe. Durch ihre trimodale Anbindung, an Schiene Straße und Wasser sind sie wichtige Knotenpunkte für die Versorgung der Bevölkerung und der Industrie mit Konsumgütern, Rohstoffen und Energie. Die Häfen generieren Wertschöpfung und wahren die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Technologie, Produktions- und Logistikstandort.

Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland mit Zugang zu zwei Meeren, wodurch sich die Funktionen und Ausrichtungen der einzelnen Häfen sehr unterscheiden und eine hohe Diversität der Umschlaggüter gegeben ist. Damit die Häfen langfristig konkurrenzfähig bleiben, sind umfangreiche Investitionen in die Hafeninfrastruktur und den Ausbau der Hinterlandanbindungen an Straße, Schiene und Wasser dringend erforderlich. Die Infrastrukturkapazitäten, die Erreichbarkeit der Häfen – wie seewärtige Zufahrten und die Anbindung an das Hinterland über alle Verkehrsträger hinweg, insbesondere per Bahn sowie die Digitalisierung der Häfen und der Logistikprozesse müssen nachhaltig und langfristig sichergestellt werden. Der GvSH drängt zudem verstärkt auf den Ausbau der Bahninfrastruktur, sowohl im Personenverkehr als auch im Güterverkehr. „Davon hängt nicht nur die Bindung und Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften ab, sondern auch den Gütertransport ab der Kaikante nachhaltig und kosteneffizient gestalten zu können“, betont Frank Schnabel, Vorstandsvorsitzender des GvSH sowie Geschäftsführer Brunsbüttel Ports / SCHRAMM group.

Aktuell wird die notwendige Hafeninfrastruktur nahezu ausschließlich von den Häfen selbst und den Ländern finanziert. Ein verstärktes finanzielles Engagement des Bundes für die deutschen Häfen ist für deren Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung maßgebend. Dies gilt vor allem auch mit Blick auf die Finanzierung der Wettbewerbshäfen in den Niederlanden und Belgien, wo Hafenpolitik als nationale Aufgabe begriffen wird.

Die Kosten für den notwendigen Infrastrukturausbau und die erforderlichen Technologien zur Realisierung der Energiewende können die Häfen, beziehungsweise die Länder, nicht allein stemmen. Daher fordern sie vom Bund, die notwendigen Investitionen für den Infrastrukturausbau und die Transformation der Häfen sicherzustellen. Ebenso fordert der Verband von der Bundesregierung mehr Schnelligkeit und mehr Zusammenarbeit bei Planungs- und Bauvorhaben für Straßen- und Schienenprojekte sowie beim Ausbau der Hinterlandanbindungen. „Infrastrukturprojekte werden in Deutschland deutlich langsamer umgesetzt als in unseren Nachbarländern. Von der Planung bis zur Umsetzung von Infrastrukturvorhaben vergehen zum Teil Jahrzehnte. In diesem Punkt müssen wir deutlich schneller werden. Dafür müssen Bund, Länder und Häfen besser zusammenarbeiten und gemeinsam Verantwortung für die Zukunft der Hafenstandorte übernehmen,“ ergänzt Schnabel.

Nationale Hafenstrategie ohne konkrete finanzielle Zusagen

Mit der Nationalen Hafenstrategie des Bundes soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Häfen gesichert und deren Rolle als globale Transportketten und Energiedrehscheibe gestärkt werden. Jedoch fehlen dem GvSH in dem Konzept konkrete Zusagen für finanzielle Mittel. „Diese sind aber zwingend erforderlich, um die Kosten für die notwendigen Investitionen sicherzustellen“, so Schnabel.

In der Strategie werden den Häfen Aufgaben im Bereich der Energiewende, der Transformation der Industrie, der Versorgungs- und Produktionssicherheit und der Sicherheitsarchitektur im Rahmen der NATO-Mitgliedschaft zugewiesen. Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen machte deutlich: „Durch die Strategie unterstreicht die Bundesregierung zweifellos, wie wichtig unsere Seehäfen nicht nur für den Gütertransport und damit für den Wohlstand sind, sondern auch für das Gelingen der Energiewende oder die Sicherheit in Europa. Allerdings erwarte ich dann auch, dass diese wichtigen nationalen Aufgaben für die Länder mit Geld hinterlegt werden. Die zu stemmenden Herausforderungen – etwa in die marode Infrastruktur – benötigen eine Verzehnfachung der Mittel, die der Bund bis heute an die Länder übergibt“, betont Madsen.

Umschlagszahlen 2023

Im vergangenen Jahr belief sich die Gesamtumschlagsmenge der Hafenstandorte auf 52,6 Millionen Tonnen Ladung, womit sich die Ladungsmengen auf einem nahezu stabilen Niveau (-2 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr befinden. Zudem wurden im Jahr 2023 rund 12,7 Millionen Passagieren in den Häfen Schleswig-Holsteins abgefertigt. Das entspricht einem Zuwachs zum Vorjahr von circa 4,9 Prozent. Gemessen an der Ladungsmenge ist Schleswig-Holstein ist der drittgrößte Seehafenstandort Deutschlands.

Herausforderungen und Chancen der Energiewende

Die Nachfrage nach grünen Energieträgern und ihren Derivaten, wie Ammoniak und Methanol, wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Die norddeutschen Hafenstandorte bieten ideale Voraussetzungen für den Import klimaneutraler Energieträger. Ein Beispiel ist LNG, das als wichtige Brückentechnologie gilt. Ebenso begrüßt der GvSH den Vorstoß der Bundes- und Landesregierung zur Abscheidung und unterirdischen Speicherung von CO2 – kurz CCS-Technik, (Englisch „Carbon Capture and Storage“). Der Umschlag und Transport von verflüssigtem Kohlenstoffdioxid aus unterschiedlichen Industriezweigen stellt für Hafenbetriebe ein neues innovatives Handlungsfeld dar. Als sogenannte Hubs für den CO2-Export ermöglichen sie den sicheren Seetransport zu den Lagerstätten.

Ebenso liegt der Fokus der Schleswig-Holsteinischen Hafenwirtschaft weiterhin auf der Transformation der Hafenstandorte. Die Häfen beschäftigen sich intensiv mit einer Vielzahl von Projekten und Maßnahmen zur Verbesserung des Umweltschutzes in den Häfen und in der Schifffahrt. Dabei geht es sowohl um Maßnahmen im Hafenalltag wie den Einsatz von Elektrofahrzeugen, die Implementierung von Energiemanagementsystemen als auch um Zukunftsprojekte wie die Errichtung von Importterminals für grüne Energieträger und den Ausbau der Offshore-Windenergie. Im Rahmen der Transformation beschäftigen sich die Häfen ebenfalls intensiv mit der Reduzierung der eigenen Treibhausgas-Emissionen. Zusätzlich sollen die Schiffe vermehrt mit alternativen Kraftstoffen angetrieben und am Liegeplatz mit Landstrom versorgt werden. Der Universalhafen in Kiel beschäftigt sich beispielsweise intensiv mit der klimaneutralen Energieversorgung von Seeschiffen während der Hafenliegezeiten und nimmt damit europaweit eine Vorreiterrolle ein. Im letzten September wurde im Bereich des Ostufers die vierte Landstromanlage im Ostseehafen in Betrieb genommen.

Der Gesamtverband Schleswig-Holsteinischer Häfen (GvSH) lud zum 14. Maritimen Parlamentarischen Frühstück in Berlin ein.

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