Indien kämpft gegen zweite Corona-Welle

07.05.2021 00:00 Wirtschaft

Die Lage in Indien ist dramatisch. Das wirkt sich zunehmend auch auf die Wirtschaft aus. Das berichtet Peter Deubet, Leiter der Repräsentanz Mumbai bei Hafen Hamburg Marketing.

Indien wurde mit voller Wucht von einer zweiten Corona-Welle getroffen. Mit mehr als 400.000 Neuansteckungen und 3.500 registrierten Todesfällen täglich bricht das Land alle bisherigen Rekorde. Insgesamt verzeichnet Indien nun mehr als 18 Millionen Corona-Fälle und über 200.000 Todesfälle. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist.

Der drastische Anstieg der Fallzahlen ist wohl auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen: Die neue mittlerweile als indische Variante bekannte, aggressivere Virusmutation B.1.617, religiöse Feste im Norden (Kumbh Mela), Wahlen und Wahlkampfveranstaltungen im Westen (seit 27. März in Westbengalen), mangelnde Hygienemaßnahmen, schleppende Fortschritte bei der Impfkampagne und außerdem einer zunehmenden Sorglosigkeit der Bevölkerung.

Während der erste Lockdown vor allem den ärmeren Teil der Bevölkerung getroffen hat, sind jetzt alle Bevölkerungsschichten betroffen. Die hohen Fallzahlen führen in Kombination mit einer maroden Gesundheitsinfrastruktur zu dramatischen Szenen im Land: Die medizinische Krise und der Mangel an Sauerstoff sind so eklatant, dass mittlerweile groß angelegte Hilfsaktionen und Lieferungen von dringend benötigten medizinischen Gütern in Richtung Indien angelaufen sind. Seit Anfang Mai wurde die Altersbeschränkung für eine Impfung aufgehoben – allerdings steht nicht genug Impfstoff zur Verfügung.

Im Gegensatz zum vergangenen Jahr hat die Zentralregierung keinen landesweiten Lockdown verordnet. Die Entscheidung liegt bei den Bundesstaaten – dementsprechend variiert die Situation. In den meisten Regionen wurde jedoch bis mindestens Mitte Mai ein strikter Lockdown verhängt. Das bedeutet in den meisten Fällen, dass das Haus nur noch mit triftigem Grund verlassen werden darf und aktuell nur Apotheken und Lebensmittelhandel geöffnet sind. Seit Mitte April wurde die Arbeit durch eine Reduktion von Mitarbeitern in den Fabriken heruntergefahren, es sei denn sie gelten als "Essential" oder Arbeiten für den Export. Menschenansammlungen wurden verboten und alle Messen bis September abgesagt.

Innerhalb Indiens gibt es keine offizielle Einschränkung des Güterverkehrs (LKW, Schiffe) und der Personenverkehr ist ebenfalls zwischen den Bundesstaaten mit negativem Corona Testergebnis möglich. Unternehmen müssen allerdings mit stark gestiegenen Transportkosten durch Kapazitätsengpässe und Verzögerungen rechnen.

Der Flugverkehr zwischen Deutschland und Indien wird bisher aufrechterhalten, allerdings hauptsächlich zu Repatriierungs- und Transportzwecken. Deutschland hat Indien seit Kurzem als Hochrisiko- und Virusvarianten-Gebiet einstuft. Die Einreise aus Indien ist nur noch für Staatsangehörige und Inhaber eines Aufenthaltstitels - und auch dann nur unter strengen Auflagen – erlaubt.

Die optimistischen gesamtwirtschaftlichen Prognosen eines zweistelligen Wirtschaftswachstums geraten somit ins Wanken. Für das vergangene Fiskaljahr (bis 31.3.2021) rechnet die Regierung mit einem Minus von 7,7 Prozent. Das Budget für das kommende Fiskaljahr (bis 31.3.2022) sieht eine Neuverschuldung von 6,8 Prozent des Bruttoinlandproduktes vor. Auf Steuer- und Zollerhöhungen wurde weitestgehend verzichtet.

Exporte nach Deutschland sind im vergangenen Jahr um knapp sechs Prozent gesunken, Importe aus Deutschland um gut elf Prozent.

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