Hamburger Hafen bleibt im ersten Halbjahr 2015 mit 70,8 Millionen Tonnen Seegüterumschlag knapp unter dem starken Vorjahresergebnis

17.08.2015 11:01 Wirtschaft

Im Universalhafen Hamburg legt der Massengutumschlag in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 23,6 Millionen Tonnen um 12,3 Prozent zu. Der Containerumschlag erreicht im ersten Halbjahr insgesamt  4,5 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) und bleibt unter dem starken Vorjahresergebnis (‑6,8 Prozent).

Beim Massengutumschlag sind es vor allem die starken Importe von Kohle und Erz im Bereich Greifergut, der mit einem Umschlagergebnis von 11,5 Millionen Tonnen (+19,0 Prozent) sehr kräftig zulegte. Insbesondere der Import von Kohle, der 3,8 Millionen Tonnen erreichte, sorgte mit einem Plus von 46,3 Prozent für starkes Wachstum. Abnehmer der Kohle sind neben den Stahlwerken in Nord- und Ostdeutschland auch die Industrie und Kraftwerke, die Strom erzeugen. Das in Hamburg seit März 2015 im Betrieb befindliche neue Kohlekraftwerk Moorburg wird unter voller Auslastung einen jährlichen Steinkohlebedarf von bis zu 4,2 Millionen Tonnen haben. Die Importe von Kohle werden direkt an der werkseigenen Umschlaganlage gelöscht. „Mit dieser Kohlemenge können bis zu 11 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt werden, fast so viel wie Hamburg im Jahr benötigt. Dabei produziert das Kraftwerk ein Viertel weniger CO2 als ältere Steinkohlekraftwerke und ist zudem so flexibel steuerbar, dass es sehr gut auf die schwankende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien reagieren kann“, sagt Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter Vattenfalls für Hamburg und Norddeutschland.

Der Bereich Sauggut erreichte insbesondere durch vermehrte Getreideexporte mit 5,3 Millionen Tonnen (+22,4 Prozent) ein sehr gutes Halbjahresergebnis. Der Umschlag von Flüssigladung blieb im ersten Halbjahr mit  6,7 Millionen Tonnen (-3,3 Prozent) leicht unter dem Ergebnis des vergleichbaren Vorjahres.

Der nicht-containerisierte Stückgutumschlag, von zum Beispiel großen Anlagenteilen und rollender Ladung, blieb im ersten Halbjahr mit insgesamt 876.000 Tonnen (-5,8 Prozent)  unter dem Vorjahresergebnis. Auch der Containerumschlag entwickelte sich in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 4,5 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) nicht so gut wie im starken Vorjahr. Der Rückgang (-6,8 Prozent) ist vor allem mit dem schwachen Außenhandel der beiden führenden Handelspartner China und Russland zu erklären, die im Containerverkehr via Hamburg mit 1,3 Millionen TEU (China: -10,9 Prozent) und 212.000 TEU (Russland: ‑35,9 Prozent) deutlich unter dem Vorjahresergebnis blieben. 

Da Hamburg durch seine starken Ostseeverkehre im Vergleich mit Häfen wie Antwerpen und Rotterdam einen rund 6 Prozentpunkte höheren Anteil an Transhipmentladung aufweist, trifft der Rückgang der China- und Russlandladung Deutschlands größten Universalhafen im Containerumschlag besonders. Ein großer Teil der China- und Russlandladung wird im Transhipment via Hamburg vom großen Containerschiff auf Feederschiffe umgeschlagen. „Der gesamte Außenhandel Chinas ist im ersten Halbjahr 2015 deutlich um 6,9 Prozent geschrumpft. Die schwache Außenhandelsentwicklung wird besonders bei den Exporten aus China nach Europa durch den verteuerten Yuan geprägt. Der Euro lag in den ersten sechs Monaten des Jahres durchschnittlich 19 Prozent niedriger als der Yuan und verteuerte somit für europäische Importeure den Einkauf chinesischer Waren“, erläutert Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V.

Im Containerverkehr mit Russland sind neben den unverändert bestehenden Handelssanktionen auch Faktoren wie der schwache Rubel, der Ölpreisverfall und die wirtschaftliche Rezession Ursachen für den in Hamburg zu beobachtenden deutlichen Rückgang im Containerumschlag. „Für russische Importeure verteuern sich Waren aus dem Ausland. Die Konsum- und Investitionsbereitschaft in Russland lassen deutlich nach. Der IWF geht für dieses Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in Russland um 3,4 Prozent aus. Die Beschreibung der derzeitigen Wirtschaftslage unterstreicht auch die Tatsache, dass in den russischen Ostseehäfen im ersten Halbjahr 32,1 Prozent weniger Container umgeschlagen wurden als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum“, sagt Ingo Egloff, Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V. 

Egloff und Mattern betonten anlässlich der Hafen Hamburg Halbjahrespressekonferenz, dass die schwache Umschlagentwicklung mit China und Russland im Transhipment nicht durch die sehr gute Entwicklung der Hinterlandverkehre ausgeglichen werden konnte. Hamburgs Seehafenhinterlandverkehr entwickelte sich sehr erfreulich im ersten Halbjahr. „Insgesamt wurden 2,9 Millionen TEU transportiert (+2,3 Prozent). Das ist für den landseitigen Transport von Containern ein neuer Rekord. Der Containertransport auf der Schiene kletterte auf 1,2 Millionen TEU. Das ist ein Plus von 6,4 Prozent und macht deutlich, dass die Eisenbahn beim Containertransport überdurchschnittlich zulegen konnte“, sagt Mattern. 

Das Halbjahresergebnis zeigt, wie wichtig es ist, die immer noch ausstehende Fahrrinnenanpassung zur besseren Abfertigung besonders großer Schiffe zu realisieren, damit auch weiterhin Transhipmentladung in großen Mengen nach Hamburg kommt und nicht bereits in anderen Nordrangehäfen umgeschlagen wird, weil die Restriktionen auf der Elbe die Ausnutzung der Transportkapazitäten großer Schiffe einschränken. „Ein besonders großes Containerschiff könnte nach einer Fahrrinnenanpassung einkommend und ausgehend bis zu 1800 beladene Container (TEU) mehr transportieren. Die Anzahl der besonders großen Containerschiffe stieg im ersten Halbjahr 2015 weiter an. Bis 13.999 TEU Stellplatzkapazität wurden 255 Anläufe (+18 Prozent) und über 14.000 TEU Stellplatzkapazität 53 Anläufe (+96 Prozent) registriert. Die noch nicht realisierte Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe darf dabei nicht zum Wettbewerbsnachteil von Deutschlands größtem Hafen werden.  Wir befinden uns vor dem Hintergrund neuer Umschlagkapazitäten in der Nordrange in einem intensiven Wettbewerb mit Großhäfen wie Rotterdam und Antwerpen. Dabei beobachten wir, dass ein insgesamt schwächelnder Containerumschlag und vereinzelte Direktdienste in die Ostseeregion diesen Wettbewerb noch zusätzlich erhöhen“, sagt Mattern.

Der Hamburger Hafen hat mehr als 153.000 Beschäftigte in der Metropolregion Hamburg und ist mit einer Bruttowertschöpfung von 20,5 Milliarden Euro auch von großer Bedeutung für die gesamte deutsche Volkswirtschaft. Um den Universalhafen weiterhin auf Wachstumskurs zu halten, sind nach Auffassung von Axel Mattern und Ingo Egloff neben der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe auch die Zu- und Ablaufkorridore für den Gütertransport per Bahn, Lkw und Binnenschiff anzupassen und auszubauen. 

Für das Jahr 2015 rechnet die Marketingorganisation des Hamburger Hafens mit einem weiteren Anstieg beim Massengutumschlag und einem insgesamt leichten Rückgang beim Containerumschlag. Zum Ende des Jahres sind 141 Millionen Tonnen Seegüterumschlag und davon 9,0 Millionen TEU möglich. Voraussetzung dafür ist, dass sich der seeseitige Außenhandel mit den Kernmärkten stabilisiert.

Informationen:

Luftbild Moorburg Vattenfall