Hamburg und Schleswig-Holstein verständigen sich auf Lösung für Umgang mit Baggergut

09.02.2016 17:23 Umwelt

Umweltminister Habeck: „Damit sichert Schleswig-Holstein die Zugänglichkeit des Hamburger Hafens.“ 

Schleswig-Holsteins Landesregierung erklärt sich grundsätzlich bereit, längerfristig die Verbringung von Baggergut aus dem Hamburger Hafen in das Schlickfallgebiet bei der Tonne E3 in der Nordsee zu erlauben. Das beschloss das Kabinett heute (9. Februar 2016) in Malente. „Der Handlungsdruck ist groß. Die Schiffbarkeit des Hamburger Hafens ist bereits deutlich beeinträchtigt, weil sich zu viel Schlick ansammelt. Schleswig-Holstein ist deshalb bereit, Hamburg zu helfen und die Zugänglichkeit des Hafens zu sichern. Dieser ist auch für Schleswig-Holstein von großer Bedeutung“, sagte Umweltminister Robert Habeck.
 
Grundlage für die Entscheidung der Landesregierung war die Bewertung von sieben verschiedenen Verbringungsvarianten. „Für uns ging es darum, die am wenigsten bedenkliche ökologische Variante zu finden“, sagte Habeck. Es wurden Gebiete in der Tideelbe, dem Mündungsbereich in niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Gewässern sowie in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) geprüft. „Aus fachlicher Sicht hat sich das Schlickfallgebiet in der Nordsee unter Berücksichtigung aller Kriterien als tragfähige und ökologisch verträglichste Lösung herausgestellt“, sagte Habeck. Der dort bisher genutzte Bereich (bei „Tonne E3“) in der Nordsee liegt etwa 60 Kilometer von der Westküste entfernt.
 
Voraussetzung für die Verbringung des Sediments zum Schlickfallgebiet sei, dass alle Umweltanforderungen erfüllt sind. „Darauf werden wir streng achten.“ Zur Erteilung der rechtlichen Zulassungen muss Hamburg entsprechende vollständige Antragsunterlagen vorlegen, über die dann zügig entschieden werden soll. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens werden neben den Trägern öffentlicher Belange auch Verbände aus Umwelt, Fischerei und Tourismus auf freiwilliger Basis beteiligt.
 
Eckpunktepapier sieht Schritte zu Reduzierung der Baggergutmengen vor
In einem gemeinsamen Eckpunkte-Papier der beiden Länder werden zudem wichtige Schritte zur nachhaltigen Reduzierung des Sedimentanfallsfestgelegt. „Wir werden Strombaumaßnahmen entwickeln und umzusetzen, damit das anfallende Baggergut nachhaltig reduziert werden kann, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch. “ Hamburg werde zudem Maßnahmen zur Schadstoffentfrachtung unterstützen und finanzieren.
 
Darüber hinaus leistet die Hansestadt freiwillige Zahlungen an die Nationalparkstiftung Schleswig-Holstein zum Schutz des Wattenmeeres. „Damit ist eine sinnvolle Gesamtlösung auf den Weg gebracht. Sie greift insbesondere auch die Ergebnisse des breit angelegten Dialogforums Tideelbe auf. Hamburg ist nun in der Pflicht, die Maßnahmen entsprechend einzuleiten und umzusetzen“, erklärte Habeck.
 
Wirtschaftssenator Horch betonte: „Die seewärtige Zugänglichkeit des Hamburger Hafens ist für ganz Norddeutschland und darüber hinaus von großer Bedeutung. Wir haben uns im letzten Jahr zusammen mit der Region intensiv mit den verschiedenen Optionen der Verbringung von Baggergut befasst. Nun sind wir sehr froh und erleichtert über die politische Einigung mit Schleswig-Holstein hinsichtlich der Verbringung von Hamburger Sedimenten zur Tonne E3. Wir möchten uns hierfür ausdrücklich bei unserem Nachbarn bedanken.“
 
Horch sagte weiter, die neue Vereinbarung trage dazu bei, dass die Wassertiefenhaltung im Hamburger Hafen auf eine verlässliche langfristige Grundlage gestellt werden könne. „Die Sedimente, die Hamburg nahe Tonne E3 verbringen möchte, werden die Umweltanforderungen Schleswig-Holsteins erfüllen.“ Das werde durch ein umfangreiches Monitoringprogramm in der Nordsee und an den Küsten überwacht.
 
Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan erklärte: „Ich bin froh, dass es eine Verständigung gibt, die wirtschaftliche und ökologische Belange vernünftig berücksichtigt. Ich danke unserem Nachbarland ausdrücklich für die Kooperationsbereitschaft. Durch die angestrebte ganzjährige Möglichkeit, Baggergut zur Tonne E3 zu verbringen, können wir auch die umstrittenen Kreislaufbaggerungen, bei der Schlick nach Neßsand umgelagert wird, reduzieren. Wir haben jetzt die Chance, das Sedimentproblem für den Hafen zu lösen und gleichzeitig Verbesserungen für die Tideelbe zu erreichen. Es war sinnvoll, dass wir gleichzeitig über Sedimente, über den Meeresschutz und über die Ästuarpartnerschaft geredet und dies zu einem guten Abschluss gebracht haben. Für eine langfristige Lösung ist es wichtig, diese Partnerschaft jetzt mit Leben zu füllen und sich auf konkrete Maßnahmen zu verständigen – um diese dann auch verbindlich umzusetzen.“
 
Kernpunkte der Verständigung:
 
  • Die rechtlichen Zulassungen sollen zunächst für fünf Jahre gelten und um weitere fünf Jahre verlängert werden können, wenn nicht gravierende Gründe dagegen sprechen. Eine Verbringung kann ganzjährig erfolgen.
  • Hamburger Baggergut wird regelmäßig auf Schadstoffe überprüft. Dies gilt für dieBundeswasserstraße (Delegationsstrecke) ebenso wie für frisch sedimentiertes Baggergut aus den Hafenbecken, den Hafenzufahrten und den Wendekreisen, für dessen Einbringung eine wasserrechtliche und eine naturschutzrechtliche Zulassung erforderlich sind.
  • Die Belastung des zukünftig für die Verbringung vorgesehenen Baggergutes darf nicht höher sein als die des bisher ins Schlickfallgebiet verbrachten Sediments.
  • Mit einem intensiven und abgestimmten Umweltmonitoringprogramm soll die Verbringung überwacht werden. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
  • Hamburg erklärt sich bereit, für das Baggergut 5 Euro pro Tonne Trockengewicht (entsprechend ca. 2,5 Euro je Kubikmeter Laderaumvolumen) in die gegründete Stiftung Nationalpark zu überweisen. Das ist geringfügig mehr als seit 2013 gezahlt wurde. Teile des Geldes können künftig auch für die Verbesserung der Nachhaltigkeit der Krabbenfischerei sowie für wirtschaftlich bedeutende Projekte im Naturtourismus an der Westküste verwendet werden.
  • Hamburg wird für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Sedimentaufkommens durch Strombaumaßnahmen kurzfristig eine Ästuarpartnerschaft mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Land Niedersachsen und dem Bund gründen und diese finanzieren. Hamburg verpflichtet sich im Rahmen der Ästuarpartnerschaft, eine gemeinsame Rangliste geeigneter strombaulicher Maßnahmen an der Tideelbe zu erstellen und alle Anstrengungen zu deren Umsetzung zu unternehmen. Angestrebt wird die Umsetzung von in der Region akzeptierten und von der Ästuarpartnerschaft als besonders geeignet für die Reduzierung des Sedimentanfalls eingeschätzten Maßnahmen bis 2030.
  • Hamburg arbeitet weiter intensiv daran, im Einzugsgebiet der Elbe Maßnahmen zur Schadstoffentfrachtung des Sediments anzuregen und finanziell zu unterstützen. 
Hintergrund
 
Wie in jedem Hafen im Tidegebiet lagert sich auch im Hamburger Hafen durch die Strömungsverhältnisse Sediment ab, so dass regelmäßig gebaggert werden muss, um die für die Schiffe notwendige Wassertiefe aufrecht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund hatte Schleswig-Holstein 2005 und 2008 sein Einvernehmen dafür erteilt, dass Hamburg Elbsedimente zur Tonne E3 verbringen darf. 2013 wurde das Einvernehmen verlängert, erstmals geknüpft an Gegenleistungen seitens Hamburg (Finanzierung der Stiftung Nationalpark). Die 2008 festgelegte Höchstmenge von 6,5 Millionen Kubikmeter ist inzwischen nahezu ausgeschöpft.
 
Basis für die jetzige Entscheidung ist neben der ökologischen Bewertung der Verbringungsoptionen die Arbeit des 2013 von der Hamburger Port Authority (HPA) und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) initiierten Dialogforums Tideelbe. In diesem neuartigen Dialogformat waren erstmals neben den betroffenen Behörden der Küstenländer und des Bundes auch Interessenvertreter aus Kommunen, Umwelt, Wirtschaft, Gewerkschaft, Fischerei und Tourismus beteiligt worden. Die Teilnehmenden prüften und bewerteten über 40 Maßnahmenvorschläge für den Umgang mit Sedimenten an Land und im Gewässer. Zudem gingen aus dem Dialogforum wertvolle Impulse hervor, etwa die Empfehlung zur Gründung der Ästuarpartnerschaft. Das Dialogforum fasste seine Betrachtungen in dem im Juli 2015 einvernehmlich verabschiedeten Ergebnisbericht zusammen: http://www.dialogforum-tideelbe.de/

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