Großer Auftragseingang muss jetzt unter erschwerten Bedingungen abgearbeitet werden

30.06.2022 17:15 Wirtschaft

  • Auftragseingang 2021 um 14,3 Prozent gestiegen, Umsatz rückläufig
  • Bestellungen legen auch 2022 weiter zu
  • Lieferkettenprobleme trüben den Ausblick
  • Maritime Industrie auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion

Die maritimen Zulieferer in Deutschland können mit dem Geschäftsjahr 2021 zufrieden sein und erwarten, trotz der sich verstärkenden Unsicherheiten, weiter gute Geschäftsentwicklungen im laufenden Jahr. „Aufgrund des Corona-bedingt schwachen Auftragsbestands haben wir im vergangenen Jahr unsere Umsatzziele nicht erreicht. Gleichzeitig entwickelten sich die Märkte mit deutlich ansteigenden Auftragseingängen gerade aus dem Ausland. Diese Entwicklung hält an und stimmt die Branche weiter optimistisch. Die Erwartungen an die Zukunft sind trotz der zunehmenden Unsicherheiten positiv“, sagte Martin Johannsmann, Vorstandsvorsitzender der VDMA Marine Equipment and Systems und Vorsitzender der Geschäftsführung der SKF GmbH, auf dem Jahrespressegespräch der VDMA Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems. „Zusätzlich zu den Corona-Nachwirkungen ist die Branche von dem Krieg in der Ukraine, den Lockdowns in China, den Staus in zentralen Umschlagplätzen, der steigenden Inflation und den resultierenden angespannten Lieferketten betroffen“, ergänzte er.

Auslieferungen werden ausgebremst
„Der Auftragseingang entwickelt sich auch im Jahr 2022 weiter sehr gut, aber die Lieferkettenprobleme bremsen unsere Fertigung und die Auslieferung an die ungeduldigen Kunden aus. Fehlende Komponenten lassen somit halbfertige maritime Systeme in der Produktion im Wartemodus stehen und können nicht in Rechnung gestellt werden. In der Folge steigt der Auftragsbestand und die Lieferzeiten verlängern sich weiter. Hier hoffen wir auf baldige Normalisierung“, erläuterte Johannsmann. In der aktuellen VDMA-Blitzumfrage sehen fast neun von zehn Unternehmen aus dem gesamten Maschinen- und Anlagenbau ihre Lieferketten derzeit merklich oder gravierend beeinträchtigt. Mit einer Entschärfung der Lage innerhalb der nächsten drei Monate rechnet kaum noch jemand.

Nachhaltigkeit bei Produkten und Prozessen
Neben der Maritimen Energiewende, bei der es um die klimaneutralen Schiffsantriebe der Zukunft geht, gilt es weiterhin im gesamten Schiffsbetrieb den Energieverbrauch intelligent zu reduzieren. „Dazu gibt es zwei Stellschrauben, nämlich zum einen die kontinuierliche Weiterentwicklung der maritimen Produkte und die Offenheit für neue Technologien. Zum anderen gilt es in der eigenen Produktion anzusetzen und gezielt den CO2- Fußabdruck zu vermindern. Das Thema Nachhaltigkeit wird uns in den nächsten Jahren gerade in den mittelständischen Schiffbau- und Offshore-Zulieferunternehmen zunehmend beschäftigen. Ich sehe hier auch einen wichtigen Wettbewerbsvorteil, wenn zum Beispiel mit Auftraggebern auch über Soziales und Umweltthemen diskutiert werden kann", erläutert Tanja Hoppmann, Vorstandsmitglied der VDMA Marine Equipment and Systems und Geschäftsführende Gesellschafterin der WISKA Hoppmann GmbH. „Das verstärkte Augenmerk in Richtung klimaneutrale Produktion bietet darüber hinaus weitere Vorteile: Unternehmen können im Rahmen ihrer betrieblichen Risikobewertung die Themen Energieversorgung und Energieeinsparung besser überblicken und darüber hinaus sind mittelständische Industriebetriebe mit klar formulierten und gelebten Nachhaltigkeitszielen bei Nachwuchskräften beliebte Arbeitgeber", ergänzt Hoppmann.

Fachkräfteengpässe spitzen sich zu
Die Fachkräfteengpässe spitzen sich auch im maritimen Maschinenbau zu. In der aktuellen VDMA-Umfrage klagen vier von fünf Unternehmen über einen merklichen oder gravierenden Mangel an Personal. Drei von fünf Unternehmen sehen die Demografie und den Fachkräftemangel als großes Risiko an. „Um das geplante Wachstum zu ermöglichen und zusätzlich die altersbedingt ausscheidenden Fachkräfte zu ersetzen, müssen junge Nachwuchskräfte eine attraktive Ausbildung in einem guten Umfeld in unserer Branche bekommen. Wir streben deshalb zum Beispiel eine Ausbildungsquote von 10 Prozent an“, erläutert Tanja Hoppmann.

Umsatz sinkt um 2,5 Prozent, Beschäftigung stabil
Die deutsche Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie verzeichnete im vergangenen Jahr durch die Corona-Auswirkungen einen Umsatzrückgang um 2,5 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro. Die Bestellungen stiegen im gleichen Zeitraum deutlich um 14,3 Prozent (minus 10,9 Prozent im Jahr 2020). Die Zahl der hoch qualifizierten Beschäftigten bleibt konstant bei 63.000. Mit dem anhaltenden weltweiten Neubauboom von Schiffen ist mit weiter steigenden Auftragseingängen im weiteren Verlauf des Jahres 2022 zu rechnen. Die zunehmenden Unsicherheiten lassen einen verlässlichen Blick auf 2023 jedoch nicht zu.

Digitalisierung im internationalen Wettbewerb als Chance
Neben den Märkten für neue Transportschiffe geht es auch um die zügige technische Modernisierung der weltweit oft veralteten Flotte in Hinblick auf Effizienz und Umweltschutz. Hier bieten die deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferer gerade unter der Nutzung der Möglichkeiten der schnell voranschreitenden Digitalisierung Lösungen. Neue Sensorik und das Management großer Datenmengen über möglichst viele Komponenten und Systeme an Bord ermöglichen bisher nicht mögliche Gesamtsichten und die weitere ökonomische und ökologische Optimierung des Fahrbetriebs. Hilfestellung bei der Standardisierung der Schnittstellen zwischen den Produkten verschiedener Hersteller auf den Schiffen gibt das VDMA Einheitsblatt zu MTP (Module Type Package), welches inzwischen eine immer größere Verbreitung findet.

Kennzahlen zur Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie in Deutschland:

  • Beschäftigte: 63.000 Mitarbeiter
  • Umsatz (2021): 10,3 Milliarden Euro (2020: 10,5 Mrd. Euro)
  • Exportquote: 79 Prozent
  • Auftragseingänge deutlich gestiegen: Für 2021 im Durchschnitt ein Plus von 14,3 Prozent

Exportmärkte mit unterschiedlichen Entwicklungen:
Das europäische Ausland bestätigte seine stabile Rolle als wichtiger Exportmarkt der deutschen Zulieferer (33 Prozent der Exporte). Hintergrund war die noch gute Auftragslage führender europäischer Schiffbaubetriebe in ihren jeweiligen Spezialsegmenten vor der Pandemie, aber auch ein großes Liefervolumen europäischer Hersteller untereinander zur Bildung größerer Systeme für den weltweiten Schiffbau. Der gesamte asiatische Raum nahm in diese Zeit über 34 Prozent der deutschen Zulieferexporte ab. Bei den wichtigsten asiatischen Ländern blieb China im vergangenen Jahr mit 18,3 Prozent anteilig am Export deutscher Zulieferer konstant, wohingegen Korea mit 12,3 Prozent deutlich dazugewann.

Das Statistikblatt der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie "Daten und Fakten 2022" finden Sie zum Download unter www.vdma.org.

Über VDMA:
Der VDMA vertritt rund 3400 deutsche und europäische Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Industrie steht für Innovation, Exportorientierung, Mittelstand und beschäftigt rund vier Millionen Menschen in Europa, davon mehr als eine Million allein in Deutschland. Die VDMA Marine Equipment and Systems ist die Vertretung der exportstarken maritimen Industrie, die in die weltweiten Märkte der Schifffahrt, des Schiffbaus und der Offshore-Öl- & Gas-Industrie liefert.

Die deutsche Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie erwirtschaftete 2021 in rund 400 Unternehmen einen Jahresumsatz von 10,3 Mrd. Euro.

Pressekontakt

Dr. Jörg Mutschler / Hauke Schlegel

VDMA AG Marine Equipment and Systems

Tel.: +49 40 507 207-0

E-Mail: nord@vdma.org