Die Zukunft der Elbe gemeinsam gestalten

06.12.2016 15:17 Umwelt

Im neuen „Forum Tideelbe“ arbeiten die wichtigsten Institutionen gemeinsam an einer nachhaltigen Entwicklung der Elbe.

Hamburgs Erster Bürgermeister, Olaf Scholz, hat heute den Startschuss für das „Forum Tideelbe“ gegeben – einer neuen Institution, deren Ziel es ist, die nachhaltige Entwicklung der Tideelbe gemeinsam voranzutreiben. Damit folgt der Hamburger Senat seinem im Koalitionsvertrag abgegebenen Versprechen, eine Ästuarpartnerschaft entlang der Unterelbe zusammen mit Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Bund ins Leben zu rufen.


Zur Gründung des Forums Tideelbe trafen sich heute im Hamburger Rathaus mehr als 50 Vertreter verschiedener Interessengruppen aus der Region – unter ihnen Vertreter der Umweltbehörden der Länder, der Kommunen und Landkreise an der Unterelbe, der Wasserstraßenverwaltung des Bundes und der Hamburg Port Authority, von Naturschutz- und Umweltverbänden, von Tourismus und Wassersport, Wasser- und Bodenverbänden, Fischerei und Hafenwirtschaft.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz: „Die Elbe ist in mehrfacher Hinsicht Lebensader für Hamburg und seine Nachbarn: Sie ist ein einzigartiger Lebensraum von besonderer ökologischer Bedeutung. Die Tideelbe ist ebenso eine wichtige Wasserstraße. Diese Aufgabe muss sie auch erfüllen können, denn Hamburg hat eine wichtige Funktion als bedeutende Handelsmetropole Nordeuropas und Hauptversorgerin der Metropolregion. Im Forum Tideelbe werden wir gemeinsam mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes einen partnerschaftlichen Dialog führen, um einen fairen Ausgleich der Interessen zu erreichen.“
Umweltsenator Jens Kerstan: „Ich freue mich sehr, dass die Geschäftsstelle hierzu in meiner Behörde liegen wird, denn eine der wichtigsten Aufgaben des Forums Tideelbe wird es sein, eine Rangliste mit Maßnahmen zu erstellen, mit denen die Tidedynamik der Elbe zwischen Elbmündung und Hamburg positiv verändert werden kann. Ein Pilotprojekt dieser Art wird derzeit bei Kreetsand umgesetzt, und wir haben gerade eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben zur Rückdeichung im Bereich Ellerholz und Schweenssand.“
Weitere Projekte sollen folgen – mit dem Ziel, die Unterelbe naturbelassener zu gestalten und dadurch den stromaufwärts gerichteten Sedimenttransport in Richtung Hamburg zu verringern. Dazu soll der Tideelbe wieder mehr Raum gegeben werden – z.B. mit der Herstellung von Flachwassergebieten oder der Wiederanbindung von Nebenarmen der Elbe.
Wirtschaftssenator Frank Horch: „Die ökonomische Entwicklung Hamburgs ist eng mit der ökologischen verbunden. Die Hafenstadt Hamburg trägt für den Fluss, an dem sie liegt, eine besondere Verantwortung. Die Elbe ist ihr Zugang zu den internationalen Schifffahrtswegen, ihre wirtschaftliche Schlagader und zugleich auch ein wertvoller  Lebens- und Naturraum von einmaliger Schönheit und Vielfalt. Diese Symbiose optimal zu gestalten ist eine ständige Herausforderung, das will ich nicht verhehlen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel gelernt haben und immer besser darin geworden sind. Das Forum Tideelbe wird uns bei diesen Anstrengungen unterstützen.“
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel: „Niedersachsen hält auch nach der aktuell vereinbarten Regelung zur Verbringung von Hafensediment eine weitergehende Auseinandersetzung über nachhaltige Maßnahmen und eine nachhaltige Strategie für erforderlich. Ziel muss es sein, den Sedimentanfall erheblich zu reduzieren. Die Flutstromdominanz, die sich nach den letzten Vertiefungen ergeben hat, muss verringert werden. Die Deichsicherheit darf nicht gefährdet werden. Von zentraler Bedeutung sind das Verschlechterungsverbot und insbesondere auch das Verbesserungsgebot der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Als Anrainerland und derzeitiges Vorsitzland des WRRL-Koordinierungsraums Tideelbe wird sich Niedersachsen engagiert am weiteren Dialogprozess beteiligen.“
Schleswig-Holsteins Umweltminister Dr. Robert Habeck: „Für Schleswig-Holstein ist es entscheidend, dass ein nachhaltiges Sedimentmanagement endlich Wirklichkeit wird. Es gehört zu der Vereinbarung mit Hamburg über die Verbringung von Baggergut. Es müssen dringend Strombaumaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden, die die Menge des anfallenden Baggerguts nachhaltig reduzieren. Genauso muss die Belastung der Sedimente im Einzugsgebiet der Elbe oberhalb Hamburgs mit Schadstoffen reduziert werden.“
Prof. Dr. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt des Bundes: „Es ist gut und richtig, mit dem neuen „Forum Tideelbe“ direkt an den erfolgreich abgeschlossenen Dialogprozess Tideelbe anzuknüpfen. Sachlich fundierte Diskussionen und ein gemeinsamer konstruktiver Austausch auf Augenhöhe, das sind die richtigen Schritte. Ein so komplexer und sensibler Lebensraum wie die Tideelbe verdient einen verantwortungsvollen Umgang mit den Herausforderungen und den bestmöglichen Schutz.“
Die Freie und Hansestadt Hamburg unterstützt diesen Dialog in der Region mit einer eigenen Geschäftsstelle und einem jährlichen Budget von 500.000,- Euro für die Dauer von zunächst vier Jahren. Die Leitung der Geschäftsstelle übernimmt Manfred Meine, der für eine erfolgreiche Projektbearbeitung erforderlichen Fach- und Sachverstand vereint, sowohl im Hinblick auf die Vertretung ökologischer als auch ökonomischer Belange; er wird von allen Stakeholdern gleichsam persönlich geschätzt. Einmal jährlich wird sich das Forum Tideelbe mit seiner Arbeit an eine breitere Öffentlichkeit richten. An wechselnden Orten entlang der Unterelbe werden Symposien stattfinden, im Rahmen derer über weitere aktuelle Fragen rund um die Tideelbe diskutiert werden kann.
 
Hintergrund: Die Tideelbe, d.h. der Bereich zwischen dem Wehr in Geesthacht und der Elbmündung, ist ein wertvoller Kultur-, Natur-, und Wirtschaftsraum und bildet die Lebensader für die gesamte Region. Anpassungen der Unterelbe in den vergangenen Jahrzehnten haben zu erheblichen hydromorphologischen Veränderungen des Systems Tideelbe geführt: Dazu gehört eine verstärkte Sedimentation in Wasserstraßen, Häfen, Uferzonen und Seitenbereichen. Eine gezielte Entwicklung, insbesondere die Förderung einer natürlichen Tidedynamik durch ein ökologisch und ökonomisch ausgewogenes Strombaumanagement, wird daher von vielen Interessengruppen in der Region als erforderlich erachtet. Erste Lösungsansätze wurden bereits in einem mehrjährigen Dialog mit ca. 50 Stakeholdern aus der Region diskutiert, vgl. www.dialogforum-tideelbe.de. Das Forum Tideelbe baut auf dieser Arbeit auf. Dessen wesentliche Arbeitsschritte sowie Dokumente und Zwischenergebnisse werden auf einer eigenständigen Website veröffentlicht, die in Kürze online geht. Jährlich ist ein öffentliches Symposium zu Themen rund um die dynamische Entwicklung der Tideelbe vorgesehen.
 
Weitere Stimmen zum Auftakt des neuen Forums:
 
Dr. Elisabeth Klocke, Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe:
„Damit künftig Projekte zur ökologischen Aufwertung der Tideelbe umgesetzt werden können, ist ein intensiver Dialog aller relevanten Interessengruppen an der Tideelbe unerlässlich. Die Stiftung Lebensraum Elbe unterstützt das Forum Tideelbe daher auch finanziell. Wir freuen uns, dass heute der Startschuss für den Dialog gegeben wurde.“
 
Jens Meier, Geschäftsführer Hamburg Port Authority:
„Die Entwicklung der Tideelbe als Lebensader für den Hamburger Hafen ist uns seit langem ein Kernanliegen. Wir freuen uns daher, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit aus dem Dialogforum Tideelbe nun in neuer Form fortgesetzt wird und unterstützen diesen Prozess gerne finanziell und mit unserer Fachexpertise.“
 
Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe von BUND, NABU und WWF:
„Unsere Elbe wurde und wird bis heute vor allem unter Nutzungsgesichtspunkten gestaltet. Dabei gingen wichtige Lebensraum-Funktionen für Tiere und Pflanzen verloren, die Hochwasserrisiken und die Kosten für die Unterhaltung der Fahrwasser-Tiefe stiegen. Wir begrüßen, dass nun endlich mit dem Forum ausreichend große Maßnahmen auf den Weg gebracht werden sollen, die geeignet sind, die Tidedynamik wieder naturnäher zu entwickeln. Eine naturnähere Tidedynamik ist die Voraussetzung dafür, die Ziele der europäischen Natur- und Gewässerschutz-Richtlinien zu erfüllen und den genannten Missständen entgegen zu wirken.“
 
Matthias Bunzel, Geschäftsstellenleiter der Arge Maritime Landschaft Unterelbe GbR:
„Die Unterelbe und ihre Nebengewässer sind die Lebensadern der maritimen Kulthrefandschaft an der Unterelbe. Nur wenn diese Lebensadern gesund sind, können sich wassertouristische Aktivitäten ungehindert entfalten. Für diese Sichtweise haben wir uns bereits im Rahmen des bisherigen Dialogprozesses eingesetzt, und wir freuen uns darauf, diese Arbeit im Rahmen der neuen Plattform fortsetzen zu können.“
 
Dr. Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischereiverbands e.V.:
„Mit dieser Art von Stakeholder-Beteiligung gewährleistet die Stadt Hamburg eine faktenbasierte Entscheidung, bei der jeder sein Wissen frühzeitig einbringen kann. Daraus kann eine Problemlösung mit einem fairen Interessenausgleich für die Fischerei entstehen, und endlose Gerichtsverfahren werden hoffentlich vermieden. Deshalb wollen wir uns aktiv einbringen.“



 

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