Deutsche Hafenwirtschaft: „Port Package 3“-Beschluss des Europäischen Parlaments kommt zur Unzeit

14.12.2016 15:48 Wirtschaft

Heutige Abstimmung über Kompromiss zur Hafen-Verordnung verfrüht / Europäische Kommission unterläuft Hafen-Verordnung mit untauglichen Vorschlägen zum Beihilferecht / EU-Wettbewerbspolitik gefährdet Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
 
Mit Bedauern nimmt die deutsche Hafenwirtschaft zur Kenntnis, dass das Europäische Parlament bereits heute die Hafen-Verordnung (das „Port Package 3“) zur Abstimmung gebracht hat.
 
Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe: „Wir tragen den Kompromiss zur Hafen-Verordnung mit. Jedoch ist die Europäische Kommission schon jetzt dabei, mit ihren jüngsten Vorstößen zur staatlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur den heute beschlossenen Kompromiss zu untergraben. Das Parlament in Straßburg hat eine Chance vertan, die Brüsseler Dienststellen in die Schranken zu weisen. Jetzt ist es an den Mitgliedsstaaten, ein klares Zeichen zu setzen.“
 
Im Sommer hatten sich Mitgliedsstaaten, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission auf eine Kompromisslinie bei der seit langem umstrittenen Hafen-Verordnung verständigt. Doch in ihren aktuellen Vorschlägen in einem parallel laufenden Rechtssetzungsverfahren zur Anwendung des Beihilferechts auf Häfen stellt die Europäische Kommission erneut Vorschriften zur Debatte, die in den vergangenen fünfzehn Jahren immer wieder und auch in der Diskussion um die Hafen-Verordnung von den EU-Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament abgelehnt worden sind.

„Die von der Kommission geplanten Regelungen zur allgemeinen Verkehrsinfrastruktur, zur Instandhaltung von Wasserstraßen und zur Laufzeit von Konzessionen werden in dem vom Berichterstatter Knut Fleckenstein mühsam erarbeiteten Kompromiss ausdrücklich abgelehnt,“ erklärt Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Verbandes. „Das Europäische Parlament hätte die Abstimmung zur Hafen-Verordnung zurückstellen sollen, bis rechtssicher feststeht, dass sich die Kommission an den Kompromiss hält.“
 
Hintergrund
Die Europäische Kommission (Generaldirektion Mobilität und Verkehr) hat am 23. Mai 2013 den Vorschlag KOM (2013) 296 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz von Häfen eingebracht. Nach intensiver Debatte und zähen Verhandlungen einigten sich am 27. Juni 2016 Parlament, Rat und Kommission auf einen Kompromiss, über den heute abgestimmt wurde. Nach der heutigen Abstimmung müssen noch die Mitgliedsstaaten im Rat zustimmen. Die wesentlichen Inhalte der heute beschlossenen Verordnung umfassen die Organisation von Häfen und die finanzielle Transparenz. Zu Organisation gehören Themen wie die erlaubten Mindestanforderungen an Dienstleister, die erlaubte Beschränkung der Anzahl von Dienstleistern mit Auswahlverfahren und erlaubte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen. Der Bereich der finanziellen Transparenz beinhaltet Artikel zur getrennten Ausweisung öffentlicher Gelder, zur Kostenorientierung bei Serviceentgelten sowie zur Strukturierung von Hafengeldern. Des Weiteren beinhaltet der Vorschlag Themen wie Beschwerdemechanismen, das Berufungsrecht, Berichts- und Informationspflichten sowie Übergangsmaßnahmen. Das Port Package ist auf 319 europäische Seehäfen anwendbar. Der Bereich der Organisation für Häfen gilt für die Hafendienste Bebunkerung, Festmacher, Müllentsorgung und Schleppereiwesen, nicht jedoch für Umschlag- und Passagierdienste, Baggerung und Lotswesen. Der Bereich der finanziellen Transparenz gilt dagegen auch für Umschlag- und Passagierdienste, Baggerung und Lotswesen. Der aktuellen Hafen-Verordnung gehen die gescheiterten Gesetzgebungsverfahren zum Port Package I (2001 bis 2003) und Port Package II (2004 bis 2006) sowie die Debatten zur Konzessionsrichtlinie und zu verschiedenen Mitteilungen der Europäischen Kommission voran.
 

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Pressekontakt

Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V.
Hauptgeschäftsführer L. Daniel Hosseus
Tel.: +49-(0)40-366203
E-Mail: info@zds-seehaefen.de