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Fahrzeuge und Frucht
© HHLA/Thies Rätzke

Fahrzeuge und Frucht

Der O’Swaldkai ist mit zwei HHLA-Terminals und vielen verschiedenen Warenarten ein Paradebeispiel für den Hamburger Universalhafen.

Autorin: Kerstin Kloss

„Alles, was rollt und Räder hat, kommt hier an“, erklärt Hartmut Wolberg, während er selbst am Steuer eines Vans sitzt. Der Geschäftsführer der UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesellschaft fährt über das knapp 40 Hektar große Terminalgelände, von dem ein großer Teil als Parkplatz dient: „Hier ist die Lkw- Annahme, aber es kommen auch Busse, Agrargeräte und fast wie neu aussehende Zugmaschinen.“ UNIKAI ist einer von zwei Terminalbetreibern auf dem O’Swaldkai, wo das Unternehmen, mehrheitlich im Besitz der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), rund zwei Drittel der Fläche managt. Am Terminal auf der Elbinsel Kleiner Grasbrok wird gerade ein ConRo-Schiff der Reederei Grimaldi für Westafrika beladen. Auf der Stellfläche warten unter anderem drei aufeinander gestapelte Fahrzeuge. „Wenn Sie einen Muldenkipper wie diesen verschiffen wollen, können Sie oben einen Pkw oder Van reinsetzen, das ist sehr effizient“, erklärt Wolberg.

Der Geschäftsführer steuert die Neuwagen- Abteilung an und fährt an SUVs von BMW vorbei, alle aus Südafrika für den deutschen Markt importiert. Gerade bewegt sich ein Autotransporter für acht Pkw, ein sogenannter 8er-Zug, aufs Terminal. Auch auf den vier vorhandenen Gleisstrecken kommen frisch produzierte Exportfahrzeuge an. UNIKAI fertigt alle Neuwagen ab, die Mercedes und VW über den Hamburger Hafen verschiffen. Wolberg fährt zu nagelneuen Liebherr-Kranen, die auf eigener Achse zum Terminal gelangen: „Das ist Hightech, dafür müssen unsere Mitarbeitenden qualifiziert sein.“ Sie erhalten im Werk regelmäßig Schulungen.

"Wir sind
das Schweizer
Taschenmesser
des Hamburger
Hafens."

Hartmut Wolberg
Geschäftsführer der
UNIKAI Lagerei- und
Speditionsgesellschaft

Jährlich schlägt UNIKAI circa 150.000 Fahrzeuge um, je zur Hälfte neu und gebraucht. Von den Neuwagen werden manche in Container verpackt. „Wir stellen Fahrzeuge auf Paletten und laschen sie darauf, schieben dann die Paletten in den Container“, erklärt Wolberg. Meist werden die Fahrzeuge allerdings direkt oder auf Trailern über eine Ro-Ro-Rampe in das Innere der Schiffe gefahren.

Die Hafenarbeiter müssen mit Schraubenschlüssel und Spannketten umgehen können, um einzeln angelieferte Teile zu doppeln, bevor sie an Bord gehen, oder Ladung auf dem Schiffsdeck mit Gurten zu sichern. Beobachten lässt sich das auf einem fast 300 Meter langen ConRo-Schiff der Reederei ACL, das im wöchentlichen Dienst nach Nordamerika verkehrt.

Vorsichtig fährt Wolberg den Van aufs Unterdeck, wo Kisten mit Ladung stehen, deren Inhalt zu groß oder zu schwer für Container ist. Die maßgeschneiderten Kisten bauen gelernte Zimmerleute in der benachbarten 5.000 Quadratmeter großen Laschhalle. Seefest auf Rolltrailern gelascht, werden sie an Deck auf im Boden eingelassenen Laschpunkten befestigt. „Diese Art Verkehre übernimmt sonst keiner im Hamburger Hafen“, betont Wolberg. Draußen zeigt er eine weitere Spezialität: Siemens, Bombardier und Alstom bestehen darauf, dass neue Loks und Waggons nicht per Kran auf Trailer gesetzt, sondern behutsam daraufgezogen werden: „Dafür rüsten wir die Trailer um und schweißen Schienen darauf. Wir haben ein System entwickelt, mit dem wir Waggons und Lokomotiven aus dem Gleis direkt auf den Trailer ziehen können.“

Fahrzeuge und Frucht
Neuwagen kurz vor der Wärmebehandlung
© HHLA / Dominik Reipka

Zum Schluss biegt Wolberg in eine Halle ab, in der Kakao aus Westafrika lagert. „Wir sind das Schwei- Jährlich schlägt UNIKAI circa 150.000 Fahrzeuge um, je zur Hälfte neu und gebraucht. "Wir sind das Schweizer Taschenmesser im Hamburger Hafen – das Multitalent. Es gibt fast nichts, was wir nicht können“, fasst er zusammen. Dazu gehört auch der wasserseitige Umschlag von Kühlcontainern im Auftrag des HHLA Frucht- und Kühl-Zentrums (HHLA FKZ), das knapp 30 Prozent der Terminalfläche auf dem O’Swaldkai betreibt. Mehrheitsgesellschafterin ist die HHLA, der belgische Terminal-Operator Sea-Invest hält 49 Prozent.

Fahrzeuge und Frucht
Jährlich schlägt UNIKAI circa 150.000 Fahrzeuge um, je zur Hälfte neu und gebraucht.
© HHLA/Michael Zapf

„Jede vierte Banane, die wir in Deutschland essen, wird bei uns umgeschlagen“, sagt Axel Hoeckrich, Geschäftsführer des HHLA FKZ sowie der HHLASpedition Ulrich Stein. Als er 2007 bei der auf den Import von Südfrüchten spezialisierten Spedition anfing, lagen noch fünf Bananenschiffe an der Kaimauer. Während der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 entdeckten Conrainerreedereien das ganzjährige Geschäft mit hohen Volumina. „Seit 2012 arbeitet die Reederei Maersk zusammen mit dem Frucht-Importeur Fyffes, der seine eigenen Kühlschiffe abschaffte“, berichtet Hoeckrich. „Wir schlagen heute ungefähr 400.000 Tonnen Bananen im Jahr um, die aus mehreren Anbauländern in Lateinamerika stammen.“

"Jede vierte Banane, die
wir in Deutschland essen,
wird bei uns
umgeschlagen."

Axel Hoeckrich
Geschäftsführer des HHLA FKZ
sowie der HHLA-Spedition Ulrich Stein

Von den verschiedenen Hamburger Containerterminals konsolidiert das HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum Bananenboxen, die größere Containerschiffe die Elbe hinaufbringen. Dabei spielt der Kampf gegen Drogeneinfuhren eine wichtige Rolle. Auf Basis einer Risikoanalyse müssen Bananen-Stichproben durch einen Scanner. „Weil die Transporte aus Südamerika im Fokus stehen, haben wir die höchste Scanquote im Hafen“, sagt er. Nach Ankunft der Ware in Hamburg organisiert die Ulrich Stein Spedition Qualitätskontrollen, Verzollung und Umfuhren zum O’Swaldkai, möglichst mit umweltfreundlichen Schuten.

Lkw transportieren nur wenige und eher die zeitkritischen Boxen. Den kompletten physischen Umschlag übernimmt die Schwesterfirma HHLA FKZ von der Aufnahme des Containers am Terminal, dem Auspacken bis zum Einlagern und Beladen von wöchentlich 400 Kühl- Lkw mit je 24 Paletten, die im Auftrag des Einzelhandels fahren.

Die durchschnittliche Lagerdauer gibt der Geschäftsführer mit drei bis vier Tagen an, „Bananen sind ein Schnelldreher-Geschäft“. Im HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum werden übrigens nur grüne Bananen umgeschlagen. Gelbe werden aussortiert und entsorgt, weil sie im Handel überreif wären.

Zusätzlich zu Bananen schlägt das HHLA Fruchtund Kühl-Zentrum pro Jahr 60.000 bis 80.000 Tonnen andere, meist saisonale Obstsorten, wie Äpfel aus Neuseeland, Zitrusfrüchte aus Südafrika oder Trauben aus Indien, um. Am weltweit zweitwichtigsten Fruchthandelsstandort arbeitet das Unternehmen für multinationale Importeure wie Fyffes, Dole, Del Monte oder lokal ansässige Firmen wie Cobana sowie direkt für Einzelhändler wie EDEKA und REWE.

 

Fahrzeuge und Frucht
Zusätzlich zu Bananen schlägt das HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum pro Jahr 60.000 bis 80.000 Tonnen andere, meist saisonale Obstsorten, wie Äpfel, Zitrusfrüchte oder Trauben, um.
© HHLA/Engel + Gielen

Der Fruchtumschlag hat eine lange Tradition am O'Swaldkai. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich viel geändert bis zum aktuellen hohen Automatisierungsgrad. Als Beispiel nennt Hoeckrich im Bananenschuppen das automatische Hochregallager oder die „Ballerina“ genannte Ausgabestation, weil sie sich so schnell dreht. Für „eines der modernsten Bananenterminals der Welt“ wurde der Mietvertrag mit der Stadt Hamburg kürzlich bis 2049 verlängert.

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