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Der stille Champion
Beim Transport von übergroßen Gütern sind Spezialisten gefragt.
© HHM / Wegner

Der stille Champion

Der Gesamthafenbetrieb gehört zu den Trägerschaften, die für die Hafenwirtschaft essenzielle Dienste leisten. Denn ohne das flexible Personal hätten die Unternehmen im Hafen oft Schwierigkeiten, ihren eigenen Betrieb am Laufen zu halten.

Autor: Ralf Johanning

Früher waren viele Hafenarbeiter täglich auf der Suche nach einem freien Job. Die Tagelöhner zog es dorthin, wo gerade ein Hafenunternehmen Arbeiterinnen und Arbeiter suchte. Für viele war das ein unsicherer Beruf ohne soziales Netz, Urlaub und Krankenversicherung. Mit der Gründung des Gesamthafenbetriebs (GHB) in Hamburg änderte sich das. „Der GHB ist ein einmaliges Konstrukt zur Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse für Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter im Hamburger Hafen. Geleitet wird der GHB durch einen paritätisch besetzten Vorstand, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Unternehmensverbands Hafen Hamburg und der Gewerkschaft ver.di zusammensetzt. „Die vom Vorstand erlassene Satzung des GHB sorgt für einen gleichberechtigten Status aller Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer in den Hafeneinzelbetrieben und beim GHB selbst, da die Gesamthafenarbeiter während der Arbeit bei den Hafeneinzelbetrieben mit allen Rechten und Pflichten zu deren Belegschaften gehören“, sagt Martin Pieper, Geschäftsführer beim GHB. Damit ging die Zeit, in der mit Lautsprechern und Aufrufen im Radio nach Tagelöhnern gesucht wurde, zu Ende.

Flexibler Einsatz

Heute arbeiten etwa 1.000 Menschen beim GHB. Zu den gut qualifizierten und flexiblen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehört auch Verena Witt. Sie stieg, wie viele andere, als Quereinsteigerin beim GHB ein. „Ich bin ausgebildete Konditorin und habe anschließend einige Zeit im Einzelhandel gearbeitet. Doch schon als Kind wollte ich immer in den Hamburger Hafen“, erzählt Verena Witt. Im Jahr 2007 war es dann so weit – Verena Witt konnte beim GHB einsteigen, wo sie auch heute noch ist.

Aktuell ist sie als Betriebsrätin tätig und vermisst manchmal die gute Zusammenarbeit mit den fest angestellten Kolleginnen und Kollegen auf den Terminals in den Hafeneinzelbetrieben. Gleichzeitig stellt Verena Witt in ihrer Funktion eine gewisse Unsicherheit unter den Kolleginnen und Kollegen fest.

Der stille Champion
Der Umschlag großer Projektladung muss gut vorbereitet werden.
© HHM / Wegner

„Im aktuellen Transformationsprozess hin zu mehr Automatisierung und Digitalisierung wissen viele nicht, was auf sie zukommt. Gemeinsam mit der Geschäftsführung versuchen wir hier möglichst umfangreich aufzuklären. Durch die enge Zusammenarbeit wollen wir nicht nur informieren, sondern auch ein tieferes Verständnis für die anstehenden Veränderungen schaffen“, sagt Witt.

Die Zukunft ruft

Unterstützung kommt von offizieller Seite. Denn der GHB will aktiv den Transformationsprozess in der Arbeitswelt gestalten. „Ohne hoch qualifiziertes Personal würde es den Hafeneinzelbetrieben schwerfallen, im harten internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Es gilt daher diese Entwicklung aktiv mitzugestalten. Diesem Wandel trägt der GHB mit Unterstützung der partnerschaftlichen Arbeitgeber und der Arbeitnehmerorganisationen Rechnung. Es ist für uns daher eine wertvolle Unterstützung, dass unsere Träger mit ver.di und dem Unternehmensverband Hafen Hamburg ihren Willen bekräftigt haben und zum GHB stehen“, betont Pieper.

„Im aktuellen Transformationsprozess hin
zu mehr Automatisierung und Digitalisierung
wissen viele nicht,
was auf sie zukommt.
Gemeinsam mit der Geschäftsführung versuchen
wir hier möglichst umfangreich aufzuklären."

Verena Witt
Betriebsratsmitglied GHB

Der GHB legt viel Wert auf eine gute Ausbildung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
© HHM / Wegner

Gemeinsam mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist der GHB dabei, die Bedarfe zukünftiger Berufsbilder zu identifizieren, um daraus entsprechende Qualifizierungsangebote zu entwickeln und an die modernen Berufsbilder anzupassen. Auch von Arbeitnehmerseite wird eine aktive Anpassung begrüßt. „Damit unsere Kolleginnen und Kollegen weiterhin gute Chancen am Arbeitsmarkt haben und von den Hafeneinzelbetrieben eingesetzt werden können, bedarf es regelmäßiger und zusätzlicher Qualifizierungen und Ausbildungsmaßnahmen. Wir sind daher froh darüber, dass wir als GHB an unserer eigenen Transformation arbeiten, um uns zukunftsfähig aufzustellen“, sagt Maik Pulter, Betriebsratsvorsitzender des GHB.

Die Kommunikationsebene zwischen Mensch und Maschine ändert sich gerade massiv in vielen Hafenberufen. Das geschieht nicht nur beim Containerumschlag, sondern auch in allen anderen Hafenbetrieben mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Hinzu kommt eine strategische Anpassung des Hafens mit dem Aufbau des Sustainable Energy Hubs. Für den GHB als Personaldienstleister bedeutete das auf der theoretischen Ebene, neue Jobfamilien zu identifizieren und die Aufgaben entsprechend zu definieren. So hat der GHB bereits neue Profile für die Hafenadministratorin, die konventionellen Lascher und die Massengutspezialistinnen entwickelt. Für die Zukunft sind weitere Profile wie die Hafentechnikerin und der Tanklagerspezialist in der Konzeption. Diese neuen Aufgaben gehören selbstverständlich zur Hafenarbeit, die in der Satzung des GHB beschrieben ist.

Digitale Ausbildung

Um hierfür Weiterbildungsmodule in Form von Schulungen und Kursen zu entwickeln, kooperiert der GHB eng mit dem maritimen competenzcentrum (ma-co), dem Bildungsträger der deutschen Seehäfen. ma-co hatte mit weiteren Hafenpartnern Jobfamilien und deren Zukunftskompetenzen im Rahmen des IHATEC-Projektes PortSkill 4.0 identifiziert, die zukünftige Hafenarbeiterinnen und -arbeiter beherrschen sollten. „Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung werden sich die Arbeitsprozesse weiter verändern. Es wird im Hafenbereich immer mehr zu dispositiven und überwachenden Tätigkeiten kommen. Infolgedessen haben wir jetzt unser Bildungsangebot genau dahingehend modernisiert“, erläutert Pieper. Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem GHB und dem ma-co hat sich der GHB an einem Simulator zur Fernsteuerung von Containerbrücken beteiligt.

„Aufgrund der zunehmenden
Digitalisierung und
Automatisierung werden
sich die Arbeitsprozesse
weiter verändern.
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Martin Pieper
Geschäftsführer beim GHB

Ein weiterer wesentlicher Schritt des Personaldienstleisters hin zu mehr Service für seine Kunden ist die Digitalisierung der eigenen Prozesse. Im Projekt Port Connect will der GHB auf der einen Seite eine webbasierte B2B-Plattform schaffen. Sie soll es künftig auch Kunden ohne direkte Schnittstellenanbindung möglich machen, Daten leichter auszutauschen. Im Mittelpunkt steht dabei die Bestellung von Arbeitskräften, eine Lohndatenerfassung, Rechnungen und Statistiken, die die Kunden dann zentral abrufen können. Darüber hinaus soll die Einteilungsentscheidung der Hafenarbeiter und Hafenarbeiterinnen mittels Anwendungen aus der Künstlichen Intelligenz unterstützt werden, um für den Hamburger Hafen Verbesserungen zu erzielen.

Zudem steht das Personal im Mittelpunkt. Die Mitarbeiter- App soll die Kommunikation zwischen den Gesamthafenarbeitern und den administrativen Abteilungen (Verwaltungseinheit) verbessern. So lassen sich viele Prozesse automatisieren und leichter überblicken. „Wir erreichen unsere gewerblichen Kolleginnen und Kollegen mit der App in einer Tiefe und Frequenz, die es noch nicht gab. Das wird auch von unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angenommen. Wir liegen mittlerweile bei 95 Prozent Nutzungsgrad der App“, betont Pieper.

Zum 75. Jahrestag des Inkrafttretens des Bundesgesetzes zum GHB zeigt sich der Personaldienstleister moderner und jünger als jemals zuvor. Mit den neuen Maßnahmen sichert er die Jobs seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, indem er diese für die neuen Berufsbilder qualifiziert. Gleichzeitig springt der GHB auch in seinen eigenen Strukturen ins digitale Zeitalter und sorgt so dafür, auch in den kommenden Jahrzenten der stille Champion des ganzen Hafens zu bleiben.

Aufbau des Gesamthafenbetriebs

Der GHB wurde in der heutigen Form auf der Grundlage eines Bundesgesetzes aus dem Jahr 1950 gegründet. Dies besteht gleichzeitig für die Trägerschaft zwischen ver.di und dem Unternehmensverband Hafen Hamburg. In einer Satzung wird Hafenarbeit und die regionale Zuständigkeit für den Hamburger Hafen geregelt. Die Gleichberechtigung von ver.di und Hafenwirtschaft spiegelt sich so auch im Vorstand wider. So setzt sich dieser aus insgesamt neun Mitgliedern zusammen, jeweils vier Vertreterinnen und Vertretern aus der Hafenwirtschaft und der Gewerkschaft, während der Vorsitzende neutral ist. Gesellschafter der gegründeten Verwaltungseinheit (Gesamthafenbetriebs Gesellschaft m.b.H. – GHBG) sind der Unternehmensverband Hafen Hamburg mit über 90 Prozent und der Hafenschiffahrtsverband mit knapp 10 Prozent. Die Gesellschafter haben jedoch kein direktes Weisungsrecht über den GHB als Trägerschaft. In der Hamburger Verwaltungseinheit arbeiten rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Personaldienstleister hat im Hafennutzungsgebiet für Hafenumschlagsarbeiten eine aus dem Gesetz geregelt starke Wettbewerbsposition. Der GHB stellt dafür einen Pool von gewerblichen Hafenarbeiterinnen und -arbeitern zur Absicherung gegen kurz- und mittelfristige Beschäftigungsschwankungen in den Hafeneinzelbetrieben bereit. Der GHB hat in diesem definierten Bereich Gestellungsrecht.

Der GHB ist ein Non-Profit-Unternehmen. Finanziert wird der GHB von seinen Kunden, denen zusätzlich zu den tarifvertraglichen Löhnen noch ein Regiekostensatz in Rechnung gestellt wird, der alle nicht produktiven Kosten wie bspw. Urlaub und Urlaubsgeld berücksichtigt. Hat eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter an einem Tag keinen Einsatz in einem Hafeneinzelbetrieb, wird er über den Hafenfond bezahlt. Dieser wiederum finanziert sich aus einem geringen Prozentsatz der Hafenumschlags- Entgelte.

Die Gesamthafenbetriebsgesellschaft gibt es in Hamburg, Bremen/ Bremerhaven und Rostock.

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