Auf dem Weg zum digitalisierten Hafen
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Auf dem Weg zum digitalisierten Hafen

Der Hafen- und Logistikstandort Hamburg ist Initiator von neuen digitalen Lösungen. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, Abläufe zu optimieren und ressourceneffizienter zu agieren.

Tor zur Welt, Motor der Stadt, Zentrum für Wohlstand sowie internationales Aushängeschild für Wirtschaft, Logistik und Industrie – so lauten die Umschreibungen des Hamburger Hafens. Seit seines Bestehens – 2023 werden es 834 Jahre – wurde der Hafen als wichtiger Standort immer weiter ausgebaut und modernisiert, um den wachsenden Bedarf an Handel und Transport zu bewältigen. Die Eröffnung des ersten Containerterminals im Jahr 1965 machte den Hamburger Hafen zu einem wichtigen Knotenpunkt für den globalen Handel. Inzwischen rangiert er als drittgrößter Containerhafen in Europa.

Und die Modernisierung geht stets voran: Die Digitalisierung und damit Daten sind mittlerweile die wichtigsten Merkmale, um die logistischen und verkehrlichen Prozesse weiter verbessern zu können. Hamburg als Hafen- und Logistikstandort möchte Vorreiter und Initiator von neuen digitalen Lösungen sein. Es geht darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, die Abläufe im Hafen und Hinterland zu optimieren sowie noch nachhaltiger und ressourceneffizienter zu agieren. Viele Digitalisierungsprojekte im Hafen haben bereits ihren Teil dazu beigetragen.

Privatwirtschaftlich organisierte Logistik und viele Behörden wie unter anderem die Wasserschutzpolizei, der Zoll oder das Veterinäramt sind beispielsweise schon seit vielen Jahren über das Anwendungsportal Dakosy des gleichnamigen Hamburger IT-Dienstleisters vernetzt. Doch es soll noch besser werden: Derzeit sind die Hamburg Port Authority (HPA) und Dakosy, die die logistischen Abläufe im Hamburger Hafen digitalisiert, dabei, ein digitales Testfeld aufzubauen.

Alles aus einem Netzwerk

Ziel ist es, mit dem durch das Bundesministerium geförderten Projekt Santana (steht für Service and Data Network Port of Hamburg) ein gemeinsames „Netzwerk der Netzwerke“ zu schaffen. Im Zuge dessen sollen die digitalen Serviceangebote, Daten und Informationen über einen gemeinsamen Marktplatz den an den Transportprozessen beteiligten Akteuren in Hafen und Hinterland leichter zugänglich werden. „Das Santana-Netzwerk wird als technologieoffenes und diskriminierungsfreies Angebot entwickelt, das dazu dient, einen reibungslosen Austausch von Daten und Informationen sicherzustellen“, erläutert Dr. Phanthian Zuesongdham, Leiterin der Einheit Digital and Business Transformation der HPA. „Alle an der Transportkette Beteiligten sollen davon profitieren“, fügt Evelyn Eggers, Prokuristin bei Dakosy, hinzu.

Dakosy betreibt im Hamburger Hafen seit 1982 das Port Community System (PCS), an das heute mehr als 2.000 Unternehmen und Behörden angeschlossen sind. Es ermöglicht allen in Ex- und Importprozesse involvierten Unternehmen und Behörden aufgrund der guten Datenlage schnelle und transparente Abfertigungsprozesse. Mittels der detaillierten Statusverfolgung können Folgeprozesse exakt und automatisiert ausgelöst werden. „Hamburg als ,Wochenendhafen“ – damit ist im Küstenslang die Vorliebe der Containerreeder gemeint, den Hafen am Wochenende anzulaufen – profitiert enorm davon“, sagt Eggers. Noch vor dem Wochenende können Disponenten beispielsweise vor Ankunft des Schiffes die Zollanmeldungen vorbereiten, ihre Auslösung erfolgt dann automatisch über die Dakosy-Plattformen. „Die Nächsten in der Supply Chain werden entsprechend informiert, der Weitertransport kann unmittelbar erfolgen, es entsteht kein Zeitverlust“, betont sie.

„Ziel ist es, ein
„gemeinsames Netzwerk
zu schaffen“

Evelyn Eggers,
Prokuristin bei Dakosy

Die digitalisierte Infrastruktur

Die profunden Informationen über die Im- und Exportprozesse der Dakosy sind die Basis für eine intensivere Verknüpfung der beiden Netzwerke, also der Logistik und des Infrastruktur- und Verkehrsmanagements der HPA. Als ein Beispiel sei der Transport auf der Straße genannt. Dakosy hat hier die Plattform Truckgate für die Slotbuchung im Auftrag der Terminals etabliert. Die HPA wiederum hat vor einigen Jahren die dynamische Information zum Verkehrsaufkommen (DIVA) eingeführt, die helfen soll, die Verkehrssituation im Hafen zu verbessern. Sie informiert Lkw-Fahrer über die Verkehrslage mit großen Informationstafeln an den Straßen sowie über das Internet mit aktuellen Daten über Staus, Sperrungen oder bewegliche Brücken in Aktion.

Die mit Detektoren generierten Informationen laufen alle im Port Road Management Center der HPA zusammen, wo die Verkehrsabläufe analysiert, über die Videoanlage gesichtet sowie die Informationstafeln für DIVA entsprechend geschaltet werden. Alles, was dort an Informationen bekannt gegeben wird, kann über Schnittstellen in die Apps der Trucker und auch in die Systeme der Disposition einfließen.

Es ergänzt die Planung um aktuelle Informationen. Das ist auch insofern sinnvoll, als dass die Lkw-Fahrer im Vorbeifahren vermutlich gar nicht alle Informationen aufnehmen können, die dort angezeigt werden. „Im Rahmen von Santana haben wir neue Services definiert, zum Beispiel die Information, wie viele Trucks sich um welche Zeit wo befinden, um so der HPA zu ermöglichen, etwa über Verschiebungen der Brückenöffnungszeiten oder Ampelschaltungen den Verkehrsfluss effizienter zu gestalten“, sagt Eggers. Es gehe dabei unter anderem auch um mehr Transparenz für Lkw-Fahrer über freie Stellplätze, damit diese künftig nicht mehr herumfahren und suchen müssen, was sie wertvolle Zeit kostet. Oftmals seien es kleine Stellschrauben, die die Projektpartner betätigen, von denen sie sich aber große Wirkung erhoffen.

Alles dient dazu, die multimodalen Transportabläufe im Hafen schneller und transparenter zu machen. Für diese Transparenz wird auch der Santana-Marktplatz sorgen, über den die an den Hafenabläufen beteiligten Akteure einen einfachen Überblick über verfügbare Informationen und Services bekommen. „Mittels offener Schnittstellen und einfacher Zugänge für Industrie und Wissenschaft soll die Entwicklung digitaler Service- und Produktinnovationen gefördert, unter Realbedingungen erprobt und zur Optimierung des Hafenbetriebs gezielt integriert werden“, ergänzt Zuesongdham.

Netzwerke stärken

Das Projekt mit einem Gesamtbudget von rund 15 Millionen Euro ist im Januar 2022 gestartet, wird zu 80 Prozent vom Bund gefördert und läuft bis Juni 2024. Der Fokus der Arbeit lag im ersten Jahr zunächst darauf, die eigenen Plattformen, Netzwerke und Services zu ertüchtigen und sich über die Anwendungen und Services der beiden Netzwerkanbieter HPA und Dakosy auszutauschen. „Daraus entstehen dann im weiteren Verlauf des Vorhabens neue gemeinsame Services“, erläutert Eggers.

Der Mehrwert des digitalen Testfelds sei laut Eggers, dass die Verantwortlichen beider Netzwerke miteinander sprechen und ihre Stärken und Schwächen ausloten. Damit werde klar, wer welche Aufgaben übernimmt oder welche Daten liefert. „Das heißt im Umkehrschluss auch, dass die Netzwerke in sich gestärkt werden und die Zusammenarbeit, die ja immer schon sehr gut und erfolgreich war, noch mal auf eine ganz andere Ebene gehoben wird.“ Ein weiterer Schwerpunkt bei der Digitalisierung ist das hochautomatisierte Fahren. So sind auf dem Container Terminal Altenwerder (CTA) bereits seit Jahrzehnten sogenannte Automated Guided Vehicles (AGV) im Einsatz. Mit dem Projekt MODI ist Hamburg die erste Stadt, wo autonome Lkw-Transportfahrten von der Autobahn zum Terminalgelände des Hamburger Hafens erprobt werden. Dies ist ein Teil der TAVF-Initiative, der Teststrecke für automatisiertes und vernetzes Fahren. Die verwendete Technik basiert auf der standardisierten IT-G5-Technologie, die bereits seit mehreren Jahren getestet worden ist. Die HPA unterstützt das Vorhaben als assoziierter Partner.

HHLA Next als Innovationseinheit

Der Hafen- und Transportlogistikkonzern Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), der im Kerngeschäft Container in Seehäfen umschlägt und diese zwischen Häfen und dem Binnenland transportiert, hat sich ebenfalls darauf spezialisiert, Orte, Unternehmen und Menschen zu vernetzen. Es geht darum, Bestehendes zu verbessern und effizienter zu werden. Dafür hat das Unternehmen HHLA Next als Innovationseinheit gegründet, die auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der maritimen Logistik abzielt. Ziel ist es, aus Ideen erfolgreiche Produkte und Geschäftsmodelle zu schaffen. Das geschieht entweder in Form von Eigenentwicklungen, in Kooperation mit Partnern oder durch Investitionen in innovative Unternehmen. Produkte wie beispielsweise modility, ein digitales Vermittlungsportal für den kombinierten Verkehr, oder iSAM, eine Software zur Prozessautomatisierung im Schüttgut- und Containerumschlag, sind bereits entstanden, ebenso heyport, eine Plattform für die Kommunikation und Koordination von Schiffsanläufen, oder HHLA Sky, ein Drohnenleitstand, der mehr als 100 Drohnen gleichzeitig managen und fernsteuern kann. Die reedereiunabhängige Containerterminal- und Logistikgruppe Eurogate, ebenso wesentlicher Bestandteil der Prozesse innerhalb des Hamburger Hafens, hält die digitale Vernetzung ebenfalls für sehr wichtig. Zwar gibt es bei Eurogate keine eigenen Digitalisierungsprojekte, das Unternehmen versuche aber immer zusammen mit allen anderen gemeinsam die Entwicklung voranzubringen. Das Ziel ist allen gemein: Abläufe im Hafen sollen beschleunigt, Wartezeiten verkürzt und unnötige Fahrten vermieden werden, und damit profitieren alle an der Transportkette Beteiligten.

Pilotstart des IDP-Systems ImpalaID

Dakosy etabliert derzeit mit ImpalaID einen einheitlichen digitalen Ausweis beziehungsweise Identitätsnachweis für die Logistik, über den sich Wirtschaftsbeteiligte wie Fuhrunternehmen an verschiedenen logistischen Knotenpunkten sicher und einfach ausweisen können. Hierzu gehören sowohl die Anmeldung in einer App oder einer IT-Anwendung als auch die Authentifizierung für Schranken- oder Gate-Systeme im Hafengebiet. Der Pilotbetrieb ist gestartet.

Erweiterung von TruckGate auf weitere Teilnehmer

Das Buchungssystem TruckGate zur Vereinbarung von Anliefer- und Abholslots ist bereits im Hamburger Hafen verpflichtend bei den HHLA- und Eurogate-Terminals, mehreren Leercontainerdepots, beim Veterinäramt und bei der Containerprüfanlage des Zolls im Einsatz. In diesem Jahr wird als weiteres Hafenunternehmen das Leercontainerdepot HCS angebunden. Für die über 400 angeschlossenen Fuhrunternehmen bedeutet dies hafenübergreifend einheitliche Prozesse.

Digitaler Freistellungsprozess mit German Ports

Dakosy und dbh Logistics IT AG haben in ihren Plattformen die Voraussetzungen für einen vollständig digitalisierten Freistellprozess für die großen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven entwickelt. Dieser Service, der jetzt in den Seehäfen bereitgestellt wird, umfasst auch den standortübergreifenden Abruf von Container- und Schiffinformationen.