Ausdrucken hat ausgedient
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Ausdrucken hat ausgedient

Hansaport ist das am weitesten automatisierte Schüttgut-Terminal der Welt. Nun sollen die Abläufe noch stärker digitalisiert und dadurch noch effizienter werden, wie ein aktuelles Projekt zeigt.

Viele Prozesse – etwa der Datenaustausch zur Erstellung von Frachtdokumenten – sind bei Hansaport schon lange digitalisiert. Bis vor Kurzem gab es allerdings auch noch einige lange Wege für die in- und externe Kommunikation bei Deutschlands größtem Umschlagunternehmen für Kohle, Erz und Baustoffe. So wurden Informationen zu Standardabläufen wie die Bestellung einer bestimmten Menge auf einem bestimmten Zug in der Regel per Mail oder telefonisch ausgetauscht, berichtet der stellvertretende Abteilungsleiter Betrieb, Michael Schwarz.

Ein Beispiel: Die Daten wurden auf- oder abgeschrieben und mehrfach ausgedruckt, um sie an die Verladestationen zu verteilen. Dort wurden diese erneut in zwei Systeme eingetragen, jeweils mit Ausdruck und in Excel-Listen. „Dabei waren Übertragungsfehler möglich“, so Schwarz. Durch die Angabe etwa einer falschen Sorte kann jedoch ein hoher Schaden bei unseren Kundinnen und Kunden verursacht werden. Das Ziel lag daher auf der Hand: Um die Prozesse zu vereinfachen und zu verbessern, sollten die Daten nur einmal ins System eingetragen werden, und zwar von der Person, die die Bestellung auslöst. Anschließend nutzen allen Berechtigten in der Logistikkette in- wie extern diese Datenbasis. „Wir haben uns deshalb für ein Onlineportal auf unserer Webseite entschieden“, erinnert sich Schwarz. Ende 2019 gab es erste Gespräche, dann machten sich ein vierköpfiges Projektteam eines IT-Dienstleisters sowie zwei Mitarbeitende von Hansaport an die Arbeit. Die größte Herausforderung neben rein ITtechnischen Fragestellungen: Wer benötigt eigentlich welche Daten? „Im Vorfeld hatten wir natürlich versucht, die Prozesskette abzubilden, aber Vieles klärt sich erst im Laufe eines solchen Projektes, beziehungsweise entstehen in diesem Prozess auch Ideen für vereinfachte Prozessabläufe“, erläutert der Betriebsfachmann.

Seit sechs Monaten sind die Abläufe nun digitalisiert. Die implementierte IT-Lösung minimiert – insbesondere in Stresssituationen unter anderem in der Steuerwarte – das Risiko von Übertragungsfehlern erheblich: „Wenn ein Auftrag bei der Zentrale eingeht, geben wir über die Plattform den Lageplatz vor“, sagt Schwarz. Und auch die Kommunikation bei der Beladung hat sich erheblich vereinfacht: Die Steuerung sieht den jeweiligen aktuellen Status, sodass nicht mehr wie früher ständig telefoniert werden muss. An den Verladestationen fallen Papier und die händische Zuweisung ebenfalls weg: „Die Daten müssen nur noch abgerufen werden“, freut sich Schwarz.

Prototyp spielt Szenarien durch

Der Prototyp, der gerade ausgiebig mit den Kolleginnen und Kollegen der Salzgitter AG getestet wird, um noch vorhandene Fehler auszumerzen, gibt nun beispielsweise vor, welche Materialien wann von welchen Lagerplätzen mit welchen Kombigeräten auf welche Waggons verladen werden sollen. In die mehrmonatige Testphase wurden auch die Hansaport-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einbezogen, die in diesen Prozessen aktiv sind. Ihre Meinungen vervollständigten die Perspektiven, aus denen die Aufgabenstellung betrachtet wurde.

Dabei sind die Mitarbeitenden dem neuen System gegenüber aufgeschlossen, haben sie doch bereits umfangreiche Erfahrungen mit Veränderungsprozessen im Rahmen der Automatisierung des Hansaport sammeln können. Es wurde schnell erkannt, dass durch die Anpassung des Systems der Aufwand reduziert und Fehler vermieden werden, ohne dass Arbeitsplätze in Gefahr geraten.

In einer weiteren Phase wurden dann Kundinnen und Kunden einbezogen, um auch deren Wünsche und Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Disponentinnen und Disponenten können nun alle relevanten Verladeinformationen wie Zeit, Materialart beziehungsweise Sorte, Menge und Gewicht im Zuge ihrer Bestellung vorgeben. Anschließend erfolgt ein manueller Check auf Seiten von Hansaport, der künftig ebenfalls digitalisiert werden soll.

Der Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können jederzeit die Daten und den Status einsehen und ihre Bestellung ändern, solange diese nicht in Bearbeitung ist. „Wir liefern ihnen quasi ein Live-Abbild“, unterstreicht Schwarz. Statt – je nach Kunde – wöchentlich oder täglich händisch eine Tabelle zu erstellen, daraus ein PDF zu generieren und zu verschicken, können diese die Bestände nun rund um die Uhr abrufen.

Weitere Digitalisierungsprojekte sind geplant

Mit dem bereits Erreichten zeigt sich das Entwicklungsteam zufrieden: „Wir sind hier auf einem sehr guten Weg, das Projekt ist fast abgeschlossen.“ Im Frühjahr 2023 soll nun auf Basis des neuen Bahnmoduls auch für die Binnenschiffe ein gleichartiges System entwickelt werden. Erste Schritte wurden dazu bereits umgesetzt. Aber es gilt am Hansaport weiterhin: „Ein fertiges System, das gibt es nicht. Unsere Systeme werden ständig weiterentwickelt.“

Ein weiteres Beispiel dafür ist die Verknüpfung des Hansaport-Systems mit dem Zuglokalisierungssystem der Deutschen Bundesbahn. Aber auch insgesamt soll die Anlage noch effizienter gemacht werden, um die Prozesse im Umschlag weiter zu optimieren. „Dieses Projekt fügt sich in die Digitalisierungs- und Entwicklungsaktivitäten unserer Muttergesellschaft Salzgitter AG“, ergänzt Schwarz. „Die neue Vision und Strategie unseres Hauptgesellschafters ist für uns bei allen Entwicklungen eine starke Motivation, auch in Zukunft gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern an der Weiterentwicklung unserer Systeme und Dienstleistungen zu arbeiten.“

Deshalb wird heute schon die Zieldefinition für die nächste Systemanpassung entwickelt: Schwarz: „Künftig sollen unsere Kundinnen und Kunden auch unsere Daten der Liegeplatznutzung über eine Schnittstelle automatisch in ihre Systeme einfließen lassen können und beispielsweise ein Seeschiff elektronisch nominieren können. So kommen wir dem übergeordneten Ziel, Transparenz über die gesamte Lieferkette zu erhalten, immer näher.“

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