Page 26 - Hafen Hamburg | Broschüre | Port of Hamburg Magazine 3.2021
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■ DIGITALE WELT
Standards für eine optimierte Lieferkette
Die Containerschifffahrt hinkt in Sachen Digitalisierung längst nicht mehr hinterher. Im Gegenteil. Nils Kahn, Geschäftsführer von MSC Germany, erläutert das Engagement der Branche und welche Tools die Reederei für seine Kunden bereithält.
    „Auf Wunsch rüsten wir als Reederei unsere Container mit Smart Devices aus, sodass Kunden in Echtzeit ver- folgen können, wo
sich diese befinden.“
PoHM: Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, kommen scheinbar aber in der Schifffahrt nicht so recht voran. Woran liegt das?
Nils Kahn: Das trifft immer weniger zu. Zwar sind wir, damit spreche ich von der gesamten Branche, im Ver- gleich zu anderen Industrien ein Nachzügler, dennoch wurde 2017 die Digital Container Shipping Association (DCSA) gegründet, mit dem Ziel sich auf die Förde- rung der Standardisierung, Digitalisierung und Intero- perabilität in der Containerschifffahrt zu konzentrieren.
Worum geht es genau?
Vereinfacht ausgedrückt, geht es darum, Begriffe, die in verschiedenen Häfen bisher unterschiedlich defi- niert wurden, zu vereinheitlichen, wie zum Beispiel Ankunft. Dabei kann es sich sowohl um die Ankunft an der Lotsenstation als auch am Liegeplatz handeln. Dafür hat die DCSA fünf Phasen eines Schiffsanlaufs mit 50 genauen Zeitstempeln definiert. So kann bei der Übermittlung ausgeschlossen werden, dass je- mand davon ausgeht, ein Schiff sei schon am Termi- nal, wobei es gerade erst den Lotsen übernommen hat. Dazwischen können nämlich mehrere Stunden liegen.
Welches Ziel verfolgt die DSCA noch?
Wir möchten das sogenannte Just-in-Time-Portcall- Programm unter allen Beteiligten etablieren. Es kann heute sein – trifft nicht auf Hamburg zu –, dass ein Schiff auf einen Hafen zufährt, um vor Ort festzustel- len, dass der Liegeplatz noch gar nicht frei ist – Ver- zögerungen in der Abfertigung sind programmiert. Ist diese Information aber rechtzeitig bekannt, könnte der Kapitän über das JIT-Portcall automatisiert eine Nachricht auf die Brücke bekommen, dass er langsa- mer fahren soll. Wir arbeiten derzeit intensiv daran, alle, die dafür nötig sind, an Bord zu holen. Entschei- dend ist, dass bereits fast alle wesentlichen Contai- nerreedereien das Vorhaben unterstützen.
Die Reederei MSC hat die eBusiness-Plattform myMSC installiert. Was hat es damit auf sich? myMSC.com ist für alle unsere Kunden, also alle an der Lieferkette Beteiligten, mit denen wir zusammen- arbeiten, inklusive Frachtführer oder Spediteure. Wer sich registriert hat, kann die Parameter seiner Fracht eingeben, die er verschiffen will. myMSC errechnet nicht nur in Sekundenschnelle den Preis, sondern bietet auch einen Echtzeit-Überblick über die Bestell- historie und Angebote. Darüber hinaus können alle
Draft Bill of Ladings über diese Plattform geprüft und direkt selbst editiert werden. Das Tool ist online und über die myMSC-App verfügbar.
Welchen Nutzen haben Kunden noch?
Sie können damit Schiffsfahrpläne prüfen, Buchun- gen platzieren und verwalten oder ihre Sendung verfolgen. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber früher, als alles per E-Mail oder telefonisch ablief und unsere Mitarbeiter viel Zeit kostete. Das E-Bill of Lading ersetzt das althergebrachte original Bill of Lading. Nichts geht mehr verloren, alles ist übersicht- lich an einem Platz hinterlegt.
Das klingt fast so, als würde die Digitalisierung das ganze Geschäft viel unpersönlicher machen. Ist das so?
Wir haben keinerlei In-
tention von der lokalen Kundennähe abzurücken. Im Gegenteil. Uns ist es ganz wichtig, dass das Verhältnis von Mensch zu Mensch erhalten bleibt. Das funktioniert auch, denn wir bekommen durch unser digitales Frontend nun viel mehr Zeit, um mit unseren Kunden persön- lich und vor Ort über ganz andere Dinge zu sprechen.
Sie bieten Ihren Kun- den auch an, Container in Echtzeit zu verfolgen. Warum ist es wichtig, permanent zu wissen, wo sich die Ladung be- findet?
Auf Wunsch rüsten wir als Reederei unsere Container mit Smart Devices aus, sodass Kunden in Echtzeit verfolgen können, wo sich diese befinden. Diese Ge- räte können ein Geosignal senden, sobald der smarte Container den vorgegebe- nen Radius verlässt. Damit erfährt der Kunde, dass
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