Page 10 - Port Of Hamburg Magazine 02.2019
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■ HAMBURG UND CHINA
Peking, die im Alleingang verhandelt wurden. Die von chinesischer Seite in den letzten Jahren unter der Be- zeichnung „16+1“ eröffneten Sonderformate für Ver- handlungen mit einzelnen europäischen Staaten be- trachten wir mit Skepsis. Aus unserer Sicht ist es vor allem wichtig, dass die EU geschlossen agiert.
„Handel mit China und die Neue Seidenstraße sind eine Riesenchance für Deutschland und den Hamburger Hafen.“
Führt die nicht einheitliche EU-Chinapolitik, unter anderem bei den Ländern auf dem Westbalkan, die gern in die EU aufgenommen werden möch- ten, dazu, dass China durch die 16+1-Strategie in eine Lücke hineinstößt, die die EU und Deutsch- land zulassen? Wir sehen auch, dass auf der einen Seite EU-Länder wie Ungarn, Polen und Tschechi- en gern europäische Gelder nehmen, sich aber ungern an die europäischen Regeln halten. Nutzt China diese Länder als Druckmittel gegen die EU? Diese Beschreibung ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen. Um den 16+1-Aktivitäten der chinesischen Seite zu begegnen, müssen wir unsere eigenen euro- päischen Instrumente besser nutzen und einsetzen. Grundlage ist hierfür eine klare Linie in der EU-China- Politik. Bei aller berechtigten Kritik an bestimmten Vor- gehensweisen Chinas sollten wir aber auch die enorme Aufbauleistung Chinas in den letzten Jahren anerken- nen und würdigen. An einem schwachen China kön- nen wir kein Interesse haben. Aber auf Sonderformate, die unsere gemeinsame Linie aufweichen, sollten die
AUSTAUSCH ÜBER CHINA: NIELS ANNEN UND INGO EGLOFF, VORSTAND HAFEN HAMBURG MARKETING
europäischen Staaten aus Eigeninteresse verzichten. Was wir brauchen ist ein offener Dialog, Transparenz sowie die Einhaltung der geltenden Regeln.
Chinas Politik gegenüber Deutschland und Europa hat sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Heu- te sagt der chinesische Präsident Xi Jinping offen, dass man sich dem Westen gar nicht angleichen wolle. Man sei doch so viel konkurrenzfähiger. Ent- wickelt sich hier eine Konkurrenz der Systeme und können wir so eine Auseinandersetzung überhaupt gewinnen?
Das liegt an uns. Wenn es in Europa eine Chinapolitik gibt und nicht 27, dann bleiben wir auch in Zukunft konkur- renzfähig. Und wenn es um eigene Versäumnisse geht, dürfen wir nicht mit dem Finger auf China zeigen. Die chinesische Seite hat eine unfassbar komplexe Aufgabe zu meistern. Wir wissen in Deutschland, wie schwierig es ist, in einem föderalen Staat Politik zu gestalten. Ein Land von der Größe Chinas zentral zu regieren, ist eine große Herausforderung. Gleichzeitig darf dies aber von der chinesischen Seite nicht als Ausrede genutzt wer- den. China präsentiert sich heute als ein Land, das bei Territorialkonflikten mitunter offensiv auftritt. Daneben beobachten wir auch, dass die Menschenrechtslage in China seit Jahren problematischer wird. Wir werden nicht nachlassen, bei bilateralen Treffen und ebenso auf der internationalen Ebene unsere Bedenken zur chinesi- schen Menschenrechtspolitik auch weiterhin zu thema- tisieren. Der Einsatz für Menschenrechte ist integraler Bestandteil unserer Politik – nicht nur gegenüber China. Leider sehen das andere europäische Länder nicht so eindeutig. Wenn sie nach Peking reisen, um dort Ge- schäfte zu verabreden, ohne das Thema Menschen- rechte anzusprechen, dann führt das schlussendlich dazu, dass die europäische Wertegemeinschaft in der chinesischen Wahrnehmung zurückfällt. ■
10 | Port of Hamburg Magazine | Juni 2019
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