Vom Gastronom zum Festmacher
Frank Kremser und Kollege beim Festmachen eines Containerschiffs.
© H.S.H./Frank Kremser

Vom Gastronom zum Festmacher

Ohne Festmacher geht im Hamburger Hafen gar nichts. Bei Wind und Wetter unterstützen Frank Kremser von der H.S.H. Festmachergesellschaft und seine Kollegeninnen und Kollegen die Crews beim Festmachen und Loswerfen der armdicken Taue, sodass Schiffe sicher an- und ablegen können.

Ob Container- oder Mehrzweckschiff, Bulker oder Tanker, Kreuzfahrer oder Ro-Ro-Schiff, ob 80 oder 400 Meter lang: Nahezu alle Schiffe, die in Deutschlands größtem Hafen an- und ablegen, brauchen Festmacherinnen und Festmacher, die dabei den Crews von der Pier oder auch vom Wasser aus zur Seite stehen.

Heutzutage müssen sie neben der betriebsinternen Ausbildung auch ein dreitägiges Seminar bei den Hafenlotsen absolvieren. Als Frank Kremser vor 15 Jahren vom selbständigen Gastronom einer Gaststätte zum Festmacher umsattelte, gab es das noch nicht. Mit dem Freund, der ihm den Job vorschlug, machte er zuerst Trockenübungen. „Wir haben mit Sonnenliegen im Kleingartenverein die Schiffsmanöver simuliert, bis ich verstanden habe, wie das funktioniert“, erinnert sich Kremser. Obwohl gebürtiger Hamburger, war der maritime Job für den gelernten Gas- und Wasserinstallateur komplettes Neuland.

Am Anfang sei es für ihn nicht so einfach gewesen, als Aushilfe ganz unten neu anzufangen. Aber schon bald hatte er Spaß an seiner Arbeit und hat sich schnell zum Vorarbeiter hochgearbeitet. „Ich mache aber trotzdem alles mit“, unterstreicht er. In reflektierender Kleidung und mit Rettungsweste, Helm, Handschuhen und Sicherheitsschuhen ausgerüstet, geht er, zusätzlich zu seinen Aufgaben am Schreibtisch, gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen raus.

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Frank Kremser während seiner Schicht.
© H.S.H.

Gearbeitet wird im regulären Schichtdienst, da Schiffe rund um die Uhr und an 365 Tagen ein- und auslaufen. Der Ablauf ist immer ähnlich: Vom Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC), der überbetrieblichen Koordinationsstelle für Großschiffs-, Feeder- und Binnenschiffsverkehre im Hamburger Hafen, bekommen die Festmacher die Information, wann ein Schiff ankommt oder abfährt. Dann machen sie sich vom Firmensitz in der HafenCity mit ihren Mooring-Fahrzeugen oder Festmacherbooten auf den Weg zum jeweiligen Terminal beziehungsweise Einsatzort. „Mit wie vielen Personen die Schicht besetzt ist, hängt davon ab, wie viele Schiffe erwartet werden“, berichtet Kremser. Pro Schiff sind es meist ein bis vier Mitarbeitende, es können aber auch bis zu acht sein, wenn ein Tanker kommt.

„Nach Möglichkeit sind wir immer mit der Winde unterwegs“, erzählt der Festmacher. Schließlich rangiert das Gewicht der Leinen zwischen zehn und 300 Kilogramm. „Und schwere Leinen aus Kunststoff können unmöglich mit Hand festgemacht werden.“ Ein solcher Einsatz dauert normalerweise rund eineinhalb Stunden.

Viel Wartezeit gehört aber auch dazu. Konzentration und Erfahrung sind gefragt, denn der Job birgt auch einige Risiken: „Manchmal ist zum Beispiel die Vorspring, also die Leine, die vom Bug nach schräg hinten festgemacht wird, so gespannt, dass man darauf balancieren könnte“, erzählt Kremser. Dennoch darf diese natürlich nicht reißen, da sie sonst wie ein Gummiband zurückschnellen und gravierende, schlimmstenfalls auch tödliche Verletzungen verursachen könnte.

Gelegentlich kommen weitere Herausforderungen hinzu: Ganz genau erinnert sich Kremser noch an die „Hamburg Cruise Days“ vor einigen Jahren: Die Besatzung ausgerechnet des Schiffs, das die Parade anführen sollte, hatte die Leine ins Wasser geworfen. Dort trieb sie die Strömung unter das Schiff, wo sie sich verklemmte. „Taucher mussten kommen, um die Leine dort zu befreien“, so Kremser.

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Die Festmacher von H.S.H. übernehmen eine Leine von einem Containerschiff, um dieses festzumachen.
© H.S.H.

Auch die Kommunikation mit der Mannschaft an Bord kann manchmal schwierig sein. Das liegt nicht nur an vielleicht mangelnden Englischkenntnissen und dem Geräuschpegel laufender Motoren, sondern auch schlicht daran, dass die Festmacherinnen und Festmacher in der Regel 20 bis 30 Meter von der Crew entfernt sind. Hinzu kommt, dass diese zwar über die Reling schauen, allerdings von dort oben nicht alles sehen können. „Aber notfalls verständigt man sich mit Händen und Füßen“, sagt Kremser.

Vom Gastronom zum Festmacher
Je nach Situation kann es notwendig sein, die Leinen mit Hilfe eines Festmacherbootes zu übernehmen.
© H.S.H.

An Nachwuchs fehlt es H.S.H. nicht: „Der kommt bei uns zu 80 Prozent von Aushilfen, die uns neben ihrem Hauptjob – oft ebenfalls Schichtarbeit – über Jahre immer mal wieder unterstützen und dann ins zehnköpfige Team der festen Mitarbeitenden nachrücken.“ Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind ausdrücklich willkommen. „Entscheidend sind bei unserem Job eingespielte Teams, in denen sich jeder auf jeden verlassen kann“, unterstreicht Kremser

Festmacher/in

Ausbildung: betriebsinternes Anlernen und drei Tage Hafenlotsen- Seminar

Jobinhalt: In den Seehäfen ermöglichen Festmacherinnen und Festmacher den Besatzungen der Seeschiffe ein sicheres An- und Ablegen. Je nach Größe des Schiffes werden beim Festmachen von Land aus mehrere Personen, ggf. mit Hilfe von Mooring-Cars, tätig. Alternativ müssen Festmacherinnen und Festmacher vom Festmacherboot aus agieren, wenn die Seeschiffe an

Dalben festgemacht werden oder wenn der Kaimauer eine Reihe Dalben in größerer Entfernung vorgelagert sind. Je nach Schiffsgröße müssen diese Festmacherleinen auch mehrfach vom Seeschiff ausgebracht werden.

Voraussetzungen: mindestens ein guter Hauptschulabschluss, Führerschein und eine gute körperliche Verfassung

Softskills: Teamfähigkeit und Wetterfestigkeit

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